Bluttest auf Down-Syndrom: Ethische Fragen unbeantwortet

[14.04.2015]  Anfrage

In ihrer Antwort auf die interfraktionelle Kleine Anfrage zum Bluttest auf Down-Syndrom offenbart die Bundesregierung, dass elementare Erkenntnisse zur Pränataldiagnostik fehlen. Es scheint sie auch nicht zu interessieren, welche ethischen Fragen der Bluttest aufwirft und welche gesellschaftlichen Auswirkungen er haben kann.

Die Bundesregierung liegen fast keine Zahlen vor zu vorgeburtlichen Tests auf Trisomie 21 sowie zu Geburten von und Schwangerschaftsabbrüchen bei Kindern mit Down-Syndrom. Das macht es unmöglich, Fehlentwicklungen zu erkennen und zu korrigieren.

Obwohl schon heute die Mehrheit der Schwangerschaften bei Down-Syndrom abgebrochen wird, stellt der Bluttest nach Ansicht der Bundesregierung keine Stigmatisierung oder Herabsetzung von Menschen mit Down-Syndrom dar (Antwort Frage 5).

Der Bluttest ist eine „vorgeburtliche gendiagnostische Untersuchung“ entsprechend Paragraph 15 Gendiagnostikgesetz. Das heißt die Schwangere muss vor und nach dem Test beraten werden. Nach Ansicht der Bundesregierung bietet das einen ausreichenden Schutz vor Stigmatisierung und Diskriminierung (Vorbemerkung). Ihr liegen aber auch keine Daten darüber vor, wie viele genetischen Beratungen durchgeführt werden, wie oft darauf verzichtet wird und wie lange die Bedenkzeit bis zur genetischen Untersuchung dauert (Vorbemerkung und Antwort Frage 12).

Die vom Ethikrat aufgeworfene Frage, ob der Test es Frauen möglich macht, nach einem auffälligen Befund ohne weitere Abklärung noch im Rahmen der Fristenlösung die Schwangerschaft abzubrechen, beantwortet die Bundesregierung erstaunlich pragmatisch: Ja, können sie, denn das Gesetz differenziere ja nicht nach Art oder Ursache des Schwangerschaftskonflikts (Antwort Frage 13).

Mit dem Bluttest kann auch das Geschlecht des Kindes vor der zwölften Schwangerschaftswoche festgestellt werden. Somit ermöglicht der Test auch einen Schwangerschaftsabbruch aufgrund des Geschlechts innerhalb der sogenannten „Fristenlösung“. Es ist zwar rechtswidrig, das Geschlecht vor Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche mitzuteilen – aber straffrei.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist es völlig ausreichend, dass der GBA Vertreter des Ethikrates in seine Beratungen einbindet, um den vielen ethischen Fragen, die der Bluttest aufwirft, gerecht zu werden. Eine darüber hinausgehende Befassung mit den ethischen Folgen solcher Tests hält die Bundesregierung nicht für angezeigt.

Hintergrund:
Mit einer interfraktionellen Kleinen Anfragen hatten 158 Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen das Augenmerk auf eine möglicherweise verhängnisvolle Entwicklung in der Pränataldiagnostik gerichtet: Sie befürchten wie unter anderem auch der Deutsche Ethikrat, dass die Massenanwendung scheinbar harmloser Bluttests dazu führen könnte, dass zukünftig mehr Schwangerschaften abgebrochen werden, wenn eine Trisomie-21-Diagnose vorliegt. Zudem hatte der Deutsche Ethikrat davor gewarnt, dass bei einer Anwendung bei allen Schwangeren zwei Drittel der auffälligen Testergebnisse falsch-positiv wären.