Transparenz hinter verschlossenen Türen …

[04.12.2014]  Anfrage

Die Koalition aus SPD und CDU/CSU hat sich vorgenommen, Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung aus dem Fürsorgerecht zu lösen und in diesem Zusammenhang die Kommunen finanziell zu entlasten. Aber sie ist nicht in der Lage, eine einzige inhaltliche Frage zu dieser Reform zu beantworten.

In unserer Kleinen Anfrage „Bundesteilhabegesetz und kommunale Entlastung“ wollten wir unter anderem wissen: Was wären Vor- und Nachteile einer bestimmten Lösung für behinderte Menschen? Was wären die Vor- und Nachteile für Bund, Länder und Kommunen? Die Bundesregierung weiß es nicht. Sie kann sich nicht einmal dazu durchringen, offen zum eigenen Koalitionsvertrag zu stehen. Vorschläge, die den Zusammenhang zwischen inhaltlicher Weiterentwicklung des Leistungsrechts und kommunaler Entlastung torpedieren, kommentiert sie nicht. Für uns ist klar: Der Bund muss anteilig die Finanzierung der Teilhabeleistungen übernehmen – systematisch und dauerhaft.

Sehr freigiebig informiert die Bundesregierung allerdings darüber, wann sie mit wem sprechen wird und wann sie die Ergebnisse dieser Gespräche im Internet veröffentlicht. Dabei verweist sie gerne und häufig auf das Motto der „Selbstbestimmt Leben“-Bewegung und Krüppelgruppen der späten 1970er Jahre: „Nichts über uns ohne uns!“ – um sich damit zu weigern, sich gegenüber dem Parlament zu positionieren. Ein Slogan, der auf breite Beteiligung zielte, ist jetzt die Mauer gegen jede inhaltliche Auseinandersetzung. „Nichts über uns ohne uns!“, damit war gemeint, dass Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache sprechen. Die Verbände, die die Interessen von Menschen mit Behinderungen vertreten, bilden nur etwa ein Drittel der Arbeitsgruppe „Bundesteilhabegesetz“ beim Bundessozialministerium. Die Zahl der behinderten Menschen, die an den Treffen der Arbeitsgruppe teilnehmen, dürfte noch darunter liegen. Dreister wurde sich ein kritisches Motto selten angeeignet.

Es ist nicht nur legitim, es ist gut, dass die Bundesregierung mit Verbänden, mit den Rehabilitationsträgern, mit Vertretern aus Ländern und Kommunen über die Reform berät. Genauso legitim, sinnvoll und gut ist es, im Parlament über verschiedene Wege für gute Lösungen zu streiten – und zwar nicht erst zu dem Zeitpunkt, an dem die Meinungsbildung abgeschlossen ist. Man nennt das Demokratie.