Bundesteilhabegesetz: Spargesetz statt modernes Teilhaberecht

[28.06.2016]  Pressemitteilung

Zum heute im Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf für ein Bundesteilhabegesetz erklärt Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik:

Dieses Bundesteilhabegesetz bringt keine wesentlichen Verbesserungen – und schon gar nicht für alle Menschen mit Behinderungen. Teilweise wird es sogar Verschlechterungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage geben.

Es ist absolut nicht akzeptabel, dass der Kreis der Leistungsberechtigten faktisch eingeschränkt wird, auch wenn die Bundesregierung das Gegenteil behauptet. Die völlig willkürliche Regelung, dass nur leistungsberechtigt sein soll, wer in wenigstens fünf von neun Lebensbereichen Unterstützung braucht, dient offensichtlich Sparzwecken. Zwar gibt es einen Ermessensspielraum. Doch das wird eher zu mehr Unsicherheit führen.

Zudem wird lediglich die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe herausgelöst. Die Hilfe zur Pflege bleibt im Sozialhilferecht. Das heißt, finanziell entlastet werden vor allem die Menschen, die nur Eingliederungshilfe beziehen und weder blind noch schwerstpflegebedürftig sind. Für die große Gruppe derjenigen, die auch „Hilfe zur Pflege“ erhalten, bring das Gesetz keine wirkliche finanzielle Verbesserung. Ausgenommen ist lediglich die überschaubare Gruppe der Erwerbstätigen, die Unterstützung bei Teilhabe und Pflege brauchen. Für alle anderen gelten weiterhin die schärferen Regeln der Sozialhilfe. Das ist perfide! Zumal diese Gruppe künftig deutlich größer wird, da alle Leistungen im häuslichen Umfeld als Pflegeleistungen definiert werden.

Auch das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen wird nicht gestärkt, sondern eingeschränkt: Sozialämter können Menschen aus Kostengründen in ein Heim drängen oder anordnen, dass sich mehrere Menschen mit Behinderung eine „Persönliche Assistenz“ teilen müssen („poolen“). Das ist eine unzumutbare Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts.

Die einzige wirkliche Verbesserung ist, dass das Partner-Vermögen nicht mehr angerechnet werden soll. Das ist zwar zu begrüßen – aber zu wenig. Die Bundesregierung versucht damit nur, den lautesten Protest zu befrieden.

Dieses Bundesteilhabegesetz als großen Wurf zu verkaufen, ist dreiste Augenwischerei. Es ist ein Spargesetz, mit dem es für Menschen mit Behinderungen keine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe geben wird.