Zugang zu Teilhabeleistungen verbessern

[17.12.2020]  Antrag

Die Gesetze sind klar: Jede und jeder hat ein Recht auf Teilhabe und ein Anspruch auf die Leistungen, die sie oder er braucht. Trotzdem werden Leistungen oft erst nach langwierigen und aufwändigen Verfahren bewilligt.
Frau Müller beispielsweise ist schon seit Jahrzehnten auf einen Elektrorollstuhl und Unterstützung durch eine 24-Stunden-Assistenz angewiesen. Das wird sich auch höchstwahrscheinlich nicht mehr ändern. Da läge es eigentlich nahe, dass die Krankenkasse einen Ersatz-Rollstuhl bewilligt, wenn der alte Elektrorollstuhl nicht mehr benutzbar ist, und das für die Assistenz zuständige Amt nur alle paar Jahre nachfragt, was sich verändert. So sollte es sein und so wäre es in vielen Fällen nach der Gesetzeslage auch möglich.

Die Realität aber sieht häufig anders aus: Viele behinderte Menschen werden von den Stellen, die die benötigte Unterstützung finanzieren, unentwegt gefragt, ob der Bedarf wirklich noch in gleicher Höhe besteht. Dabei müssen die Betroffenen immer wieder dieselben Fragen beantworten und dieselben Unterlagen abgeben. Sie fühlen sich als unterlegene Bittsteller und nicht auf Augenhöhe behandelt. Und obwohl die Sozialgesetzbücher V und IX feste Bearbeitungszeiten von wenigen Wochen vorsehen, ziehen sich manche Verwaltungsverfahren über Monate. Die Wartezeit – sei es auf den Rollstuhl oder die Weiterbewilligung der Assistenz – kann für die Betroffenen drastische Einschränkungen im Alltag bedeuten. Und dann ist nicht mal sicher, ob man die Unterstützung, die man schon einmal bekommen hat, auch weiterhin bekommen wird. Zu oft müssen behinderte Menschen Widerspruch gegen falsche Bescheide einlegen oder sogar klagen.

Wir wollen einen Sozialstaat, der die Menschen respektvoll behandelt, ihnen auf Augenhöhe begegnet und auf den sie sich verlassen können. Der nicht gängelt, sondern hilft. In dem Antrag „Sozialstaat auf Augenhöhe – Zugang zu Teilhabeleistungen verbessern“ schlagen wir eine Reihe von Maßnahmen vor, um dieses Ziel zu erreichen: Wir wollen die rechtliche Position von Antragsteller*innen stärken, den Zugang zu Teilhabeleistungen unbürokratischer und barrierefrei gestalten und Verfahren deutlich beschleunigen, vor allem dann, wenn der Bedarf absehbar gleich bleiben wird. Zu lange Bearbeitungszeiten sollen Sanktionen für die jeweilige Sozialversicherung oder Behörde zur Folge haben.

Antrag: „Sozialstaat auf Augenhöhe – Zugang zu Teilhabeleistungen verbessern“, Bundestags-Drucksache 19/24437, 18.11.2020