Damit es mehr barrierefreie Literatur für Blinde und Sehbehinderte gibt, muss der Gesetzentwurf zur Umsetzung der „Marrakesch-Richtlinie“ nachgebessert werden. Dazu haben wir einen Entschließungsantrag mit konkreten Vorschlägen vorgelegt.
In Deutschland sind nur fünf Prozent der literarischen Werke aus Wissenschaft, Literatur und Kunst auch in barrierefreien Formaten erhältlich (z.B. in Braille-Schrift, navigierbare Hörbücher, Dateien oder Bücher in vergrößerter Schrift). Seh- und lesebehinderte Menschen haben es deshalb sehr schwer, an gesellschaftlichen Debatten teilzunehmen oder einfach nur den neusten Roman zu lesen.
Vor allem Blindenbibliotheken und Hochschulen setzen Bücher in barrierefreie Formate um. Sie tragen nicht nur die hohen Kosten für die Übersetzung in barrierefreie Formate, sondern müssen zurzeit pro Werk und Format für je 100 Vervielfältigungsstücke etwa 15 Euro an die Verwertungsgesellschaft Wort zahlen.
Um mehr barrierefreie Literatur zu ermöglichen, wurde 2013 der internationale „Vertrag von Marrakesch über den Zugang blinder und sehbehinderter Personen zu veröffentlichten Werken“ beschlossen. Die Unterzeichner haben sich verpflichtet, in ihren nationalen Urheberrechtsgesetzen Ausnahmen zugunsten von blinden, sehbehinderten oder anderweitig lesebehinderten Personen zu schaffen. So sollen Werke ohne Zustimmung der Autorinnen und Autoren in barrierefreie Formate übertragen und zwischen Umsetzungsdiensten ausgetauscht werden können. Außerdem soll es ermöglicht werden, Kopien bereits veröffentlichter barrierefreier Literatur, über Landesgrenzen hinweg auszutauschen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung läuft jedoch an diesen Zielen des Marrakesch-Vertrages. So ist eine starre Vergütungspflicht für die Übersetzungen vorgesehen, obwohl das nicht zwingend erforderlich ist. Außerdem macht die Bundesregierung keine verbindlichen Zusagen zur finanziellen Unterstützung der Blindenbibliotheken – ohne die wird es aber kaum mehr barrierefreie Literatur geben.
Unser Entschließungsantrag fordert deshalb, den Gesetzentwurf nachzubessern und unter anderem Stellen, die Bücher und andere Werke in barrierefreie Formate umsetzen, unter bestimmten Umständen von der starren Vergütungspflicht an den Urheber zu befreien. Außerdem sollen die übersetzenden Stellen (z.B. Blindenbibliotheken) mit ausreichend finanziellen Mitteln gefördert werden.
• Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie (Pdf), Bundestags-Drucksache 19/5121, 17.10.2018