Am Montag war der Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen – und tags drauf fällt Union und SPD auf, dass sie darüber gerne sprechen möchten. Besser spät als nie, könnte man meinen. Aber von einer Bundesregierung erwarte ich mehr als schöne Worte auf den letzten Drücker!
Bisher beschränkt sich die Regierung darauf, in Reden und auf Podien Versprechen abzugeben: Man werde das Teilhabeleistungen anrechnungsfrei gestalten und den Ausschluss vom Wahlrecht abschaffen. Nun erwarte ich, dass endlich etwas vorlegt wird.
Wir Grüne haben bereits vor einem Monat einen Antrag eingebracht, in dem wir einige Maßnahmen vorschlagen, um sehr zügig Barrieren und Diskriminierung abzubauen. Aber solche kleinen, konkreten Vorschlägen werden von der Bundesregierung mit den immer gleichen Ausreden abgewehrt: „Nein, das geht jetzt nicht, wir wollen nämlich mehr! Aber das dauert noch, wir sind in Gesprächen, da sind sich noch nicht alle einig.“
Die Gespräche über eine Weiterentwicklung des Leistungsrechts, die gehen schon eine ganze Weile. Doch es gäbe eine Reihe von Verbesserungen, die man ohne weiteres schnell angehen könnte. Außerdem haben wir in Deutschland noch nicht systematisch sichergestellt, dass alle neuen Gesetze und Verordnungen auf Bundesebene den Anforderungen der Behindertenrechtskonvention gerecht werden. Darum könnte sich die Bundesregierung kümmern. Oder nehmen wir einen anderen Bereich: In Deutschland dürfen medizinische Experimente an behinderten Kindern auch dann vorgenommen werden, wenn sie selbst nicht davon profitieren. Damit muss Schluss sein! Die grüne Fraktion jedenfalls wird gerne zustimmen, wenn die Situation behinderter Menschen tatsächlich verbessert wird.
Das würde auch bei behinderten Menschen und ihren Verbänden mehr Anerkennung bringen als die abenteuerlichen Vorschläge, mit denen der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs, kürzlich zitiert wurde: Er forderte, bei der Eingliederungshilfe zu sparen, um den Abbau der kalten Progression zu finanzieren. Das ist ein kalter Vorschlag, einen schlechteren habe ich selten gehört.