Sexuelle Gewalt wird bei uns vielfach nicht bestraft, weil unser Strafrecht Lücken hat. Und ist das Opfer „widerstandsunfähig“, was vor allem Menschen mit Behinderung betrifft, ist das Strafmaß geringer. Meine Fraktion hat nun einen Gesetzentwurf zur Reform des Sexualstraffrechts vorgelegt nach dem Grundsatz „Nein heißt Nein“.
Sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung können nach geltender Gesetzeslage (§ 177 StGB) nur dann bestraft, wenn Gewalt angewendet, mit Gewalt gedroht oder eine „schutzlose Lage“ ausgenutzt wurde. Doch die Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an eine „schutzlose Lage“. Wer starr vor Schreck oder aus Angst vor Gewalt alles über sich ergehen lässt, hört dann wahrscheinlich den Satz: „Was Ihnen widerfahren ist, ist in Deutschland nicht strafbar.“ Denn dass eine sexuelle Handlung gegen den ausdrücklichen Willen der betroffenen Person stattfindet, reicht strafrechtlich nicht aus.
Damit entspricht die derzeitige Gesetzeslage auch nicht dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention), das Deutschland 2011 unterzeichnet hat. Danach müssen alle Formen vorsätzlich nicht einverständlicher sexueller Handlungen unter Strafe gestellt werden.
Meine Fraktion hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach eine strafbare Tat vorliegt, wenn die Arg- oder Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt wird oder gegen den erkennbar zum Ausdruck gebrachten Willen gehandelt wird. Der Täter muss also nicht zwingend Gewalt oder anderer Nötigungsmittel einsetzen, um sich strafbar zu machen.
Außerdem wollen wir § 179 StGB (sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen) ersetzen, dessen Strafmaß bislang deutlich niedriger war. Er ist mit der Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar. Im Rahmen der Strafzumessung soll der besondere Unwertgehalt berücksichtigt werden, wenn sich die Tat gegen ein widerstandsunfähiges Opfer richtet, weil diese Menschen besonders schutzbedürftig sind.
- Gesetzentwurf: Änderung des Strafgesetzbuches zur Verbesserung des Schutzes vor sexueller Misshandlung und Vergewaltigung, (Pdf-Datei), Bundestags-Drucksache 18/5384 vom 01.07.2015
- www.frauen-gegen-gewalt.de: Fallanalyse des bff zu Schutzlücken im Sexualstrafrecht