Viele Flüchtlinge haben vor oder während Ihrer Flucht Schreckliches durchgemacht und brauchen Unterstützung, um mit ihren Erlebnissen umzugehen. IN TERRA – das Psychosoziale Zentrum für Flüchtlinge in Mayen, leistet diese Hilfe und ist Koordinierungsstelle für die interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems und Verbesserung der Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz. Am vergangenen Freitag besuchten die rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner und Corinna Rüffer die Einrichtung. Mit dabei waren u.a. die Landtagsabgeordnete Katharina Raue, Wolfgang Treis (Oberbürgermeister Mayen), Carmen Bohlender (Beigeordnete VG Vallendar), die Mayener Stadträtin Marika Kohlhaas, sowie Stadtratsmitglied und Landtagskandidat Matthias Kaißling (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN).
Etwa jeder zweite Flüchtling hat traumatische Erlebnisse erfahren, so die Schätzungen. Auch wenn nicht jeder eine Therapie machen kann oder will, ist die Arbeit des psychosozialen Zentrums wichtiger denn je. Dabei stand das Zentrum vor wenigen Jahren fast vor dem Aus. Das Zentrum finanziert sich u.a. aus Landes- und EU-Mitteln, der Bund zahlt nichts dazu.
In den vergangenen 14 Jahren hat das Zentrum viel Erfahrung und Expertise bei der therapeutischen Arbeit mit Flüchtlingen erworben. Neben Information und Beratung während des Asylverfahrens bietet IN TERRA Einzel- und Familientherapien, Kunsttherapie, Gruppenangebote insbesondere auch für Kinder und Jugendliche an, schreibt Stellungnahmen, organisiert Tagungen und Fortbildung zu flüchtlingsspezifischen Themen und schult Sprach- und Kulturmittlern. Dabei arbeitet das Zentrum mit vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern zusammen. Trotz der stetig zunehmenden Arbeit hat die Einrichtung bisher keine nennenswerte Erhöhung der Mittel bekommen. „Hier muss der Bund sich engagieren, denn die Arbeit ist für eine gelingende Integration von Flüchtlingen außerordentlich wichtig“, fordert Rößner und dankt dem Leiter des Fachdienstes Migration des Caritasverbands Rhein-Mosel-Ahr e.V. Markus Göpfert und seinem Team für das große Engagement.
Göpfert berichtet von den Schwierigkeiten bei der psychosozialen Behandlung. Die dringend benötigte Therapie erhalten traumatisierte oder psychisch kranke Flüchtlinge in Deutschland nur im Einzelfall. Grund hierfür ist der Anspruch auf Minimalversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, das Asylsuchende und Geduldete in der Regel von einer psychotherapeutischen Versorgung ausschließt. Die Versorgung bei psychischen Erkrankungen verbessert sich jedoch kaum mit dem Zugang zu Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, da die Krankenkassen keine Dolmetscher finanzieren. „Es besteht dringender Handlungsbedarf: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Bis dahin ist die Gesundheitskarte nötig, um u.a. den bürokratischen Aufwand zur Genehmigung von Therapien zu verringern. Und natürlich muss gewährleistet sein, dass Therapien von Dolmetschern begleitet werden“, stellt Corinna Rüffer fest.
Ohne das große Engagement vieler Ehrenamtlicher kann die Flüchtlingsarbeit kaum bewältigt werden, wobei es einer besseren Koordination der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer bedarf. Dies wurde auch von den Lokalpolitikern angemerkt, denn in einigen Verbandsgemeinden würden die Flüchtlinge untergebracht, ohne dass die Ortsbürgermeister in Kenntnis gesetzt würden.
„Nach fast 20 Jahren Arbeit in der Flüchtlingshilfe weiß man, dass man keine Angst vor Flüchtlingen haben muss“ – diese Botschaft ist Markus Göpfert wichtig. „Die Arbeit der Menschen in Mayen verdient höchste Anerkennung. Herr Göpfert hat zu Recht, stellvertretend für alle, die Integrationsmedaille erhalten. Damit kann es jedoch nicht getan sein. Anerkennung für die Arbeit bedeutet auch, die notwendigen finanziellen Mittel für die psychosozialen Zentren bereit zu stellen. Dies werden wir auf den entsprechenden Ebenen einfordern “, so Rößner abschließend.