Petitionsrecht stärken

[22.05.2014]  Rede
Rede vom 22.05.2014 zum Jahresbericht des Petitionsausschusses.

Als ich mich für den Petitionsausschuss entschieden habe, bekam ich vielfach zu hören, der Ausschuss sei nicht wirklich ernst zu nehmen, ein Feigenblatt des Parlamentes, um aufkommenden Protest zu lähmen. Das Gegenteil richtig ist: Der Petitionsausschuss und das Petitionsrecht sind bedeutende Instrumente politischer Innovation und demokratischer Mitwirkung.

Kein anderes Parlamentsgremium ist so nah dran an den Sorgen und Nöten der Bürgerinnen und Bürger: Ob Vorratsdatenspeicherung, Hebammen, Asyl für Edward Snowden, ALG II oder Hospizversorgung – kein Thema und keine Ungerechtigkeit, die die Menschen bewegen, die nicht ihr Echo im Petitionsausschuss fände.

Dem Vertrauen in die Gestaltungskraft von Parlament und Politik kann der Petitionsausschuss aber nur gerecht werden, wenn das Parlament den Petitionsausschuss als Werkstatt für Verbesserung begreift. Darum müssen wir auch in dieser Wahlperiode mit Nachdruck an einer Fortentwicklung des Petitionsrechts arbeiten – damit die Bitten und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger mehr als bisher in die Entscheidungsfindung des Parlamentes einfließen.

Grundsätzlich sollten beispielsweise alle Petitionen öffentlich beraten werden – es sei denn der Petent wünscht das nicht oder private oder datenschutzrechtliche Belange stehen dem entgegen.
Auch sollten wir das Instrument der öffentlichen Petition zu einer wirklich „Offenen Petition“ machen, so dass Petitionen über das Petitionsportal gemeinsam erarbeitet und eingereicht werden können. Diese Bitten zur Gesetzgebung sollten dann auch angemessen in den Fachausschüssen des Parlamentes und im Plenum von den Abgeordneten beraten werden.

Vor allem aber darf sich die bedenkliche Situation, dass der Petitionsausschuss durch die langwierige Regierungsbildung monatelang blockiert war, nicht wiederholen! Darum begrüßen wir ausdrücklich den Vorschlag, den Petitionsausschuss – quasi als ständigen Ausschuss – nach dem Ende einer Wahlperiode bis zur Neubesetzung der Parlamentsausschüsse fortbestehen zu lassen.

Jede Petition ist gleich viel wert – egal, ob sie von einer Person eingereicht wird, von 100 Personen oder gar Hunderttausenden. Oder, um es mit den Worten von Josef Winkler (Bündnis 90/Die Grünen), einem meiner Vorgänger im Ausschuss, zu sagen: „Im Petitionsausschuss sind wir das Sprachrohr der Leisen, die Muskeln der Schwachen.“

In Zeiten, in denen nur wenige Oppositionsabgeordnete einer großen Mehrheit von Abgeordneten der Großen Koalition gegenüberstehen, ist es eine besondere Herausforderung, den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Recht zu verhelfen. Ich kann aber versichern: Wir sind im Petitionsausschuss zwar wenige, aber dafür umso besser!