Zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen erklärt Corinna Rüffer, behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:
Deutschland muss das Thema Barrierefreiheit auf europäischer Ebene endlich vorantreiben. Am Bankautomaten Geld abheben oder Bahn fahren ist zwar für die meisten Menschen normaler Alltag – für Menschen mit Behinderungen, aber auch Eltern mit Kinderwagen oder ältere Menschen, kann das zur unüberwindbaren Hürde werden.
Nach jahrelangem Hin-und-Her hat die Europäische Kommission 2015 endlich eine Barrierefreiheits-Richtlinie (European Accessibility Act) vorgelegt, um die nationalen Vorschriften zur Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen anzugleichen. Die Qualität und das Angebot barrierefreier Produkte und Dienstleistungen in der Europäischen Union sollen damit erhöht werden.
Obwohl alle Mitgliedstaaten das Ziel grundsätzlich befürworten, gibt es bislang keine Einigung. Das liegt nicht zuletzt an Deutschland. Genauso wie beim Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) hat die Bundesregierung nicht die Interessen behinderter Menschen im Blick, sondern versucht vor allem, Verpflichtungen für die Privatwirtschaft zu verhindern. Entsprechend ausweichend beantwortet sie meine Frage zur geplanten Richtlinie.
Abgesehen von der Menschenrechtsfrage verschläft die Bundesregierung damit auch Zukunftschancen. Während Länder wie die USA Barrierefreiheit als Innovationsmotor begreifen, verpasst Deutschland technologische Entwicklungen: Die erfolgreiche Sprachsteuerungssoftware SIRI (Apple) wurde nicht umsonst im Silicon-Valley entwickelt.
Deutschland darf die EU-Richtlinie nicht länger blockieren! Auch deshalb gehen behinderte Menschen heute auf die Straße.