Zum Gutachten von Prof. Dr. Felix Welti zur verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen in der Pflegeversicherung erklären Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik, und Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik:
Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Pflegeversicherung muss beendet werden. Doch mit dem Pflegestärkungsgesetzes III droht genau das Gegenteil: Union und SPD möchten auch Menschen mit Behinderungen, die in betreuten Wohngemeinschaften leben, benachteiligen. Sie sollen geringere Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten. Laut Gutachten von Professor Welti verstößt bereits die geltende Regelung gegen die Verfassung. Es ist inakzeptabel, dass Union und SPD von der Verfassungswidrigkeit der Regelung wissen, diese Regelung jedoch noch ausweiten wollen.
Menschen mit Behinderungen leisten genauso wie alle anderen Menschen ihren Beitrag zur Pflegeversicherung – aber sie werden bei den Leistungen diskriminiert. Wenn sie in stationären Wohneinrichtungen leben, erhalten sie monatlich von der Pflegeversicherung maximal 266 Euro. Leben sie dagegen in einem Pflegeheim, erhalten sie mit Pflegestufe II von der Pflegeversicherung Leistungen in Höhe von 1330 Euro. Diese Ungleichbehandlung ist völlig unakzeptabel.
Union und SPD müssen endlich zur Vernunft kommen und § 43a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) streichen. Wir begrüßen deshalb auch die Entscheidung von Rheinland-Pfalz zu prüfen, ob § 43a SGB XI verfassungskonform ist und gegebenenfalls vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen.
Hintergrund:
Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Felix Welti kommt in einem Gutachten, das er im Auftrag des Landeswohlfahrtsverbands Hessen erstellt hat, zu dem Ergebnis, dass die Sonderregelungen des §43a SGB XI für Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben, verfassungswidrig und nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar sind.