Fuß von der Bremse: Inklusion endlich konsequent umsetzen

[15.09.2023]  Pressemitteilung
Auf dem Foto sieht man eine Gruppe von Jugendlichen und ihren Eltern, die bei der Staatenprüfung in Genf am 29./30.8.2023 für inklusive Bildung demonstriert haben. Meine Kollegin Stephanie Aeffner (MdB), Katrin Langensiepen (MdEP) und ich sind auch dabei. Wir alle stehen hinter einem Transparent, auf dem steht: Seit 14 Jahren gilt die UN-Behindertenrechtskonvention – Schämt Euch! Shame on you! – Deutschland verweigert das Menschenrecht auf inklusive Bildung.

Zur Veröffentlichung der „Abschließende Bemerkungen“ (Ergebnis der Staatenprüfung und Handlungsauftrag) des UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen erklärt Corinna Rüffer, behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Deutschland versagt bei der Inklusion. Das ist das bittere Fazit der Vereinten Nationen nach der turnusgemäßen Überprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Besonders deutlich wird dieses Versagen im Bereich der inklusiven Bildung, belegen die „Abschließenden Bemerkungen“ des UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Auch 14 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention sind wir weit von einer inklusiven Gesellschaft entfernt – und laufen teilweise sogar in die falsche Richtung: Das System der Förderschulen ist fest verankert und in einigen Bundesländern, wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg, steigt der Anteil von Kindern in Förderschulen sogar. Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) kam sogar zum Schluss, dass in Rheinland-Pfalz Inklusion faktisch nicht stattfindet. Grund dafür ist insbesondere der rheinland-pfälzische Sonderweg, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf fast ausschließlich auf Schwerpunktschulen zu unterrichten.

Förderschulen bedeuten soziale Exklusion und rauben Kindern systematisch ihre Zukunft: Ein großer Teil der dort Lernenden sind Kinder mit Lernbeeinträchtigung aus Familien mit geringem Einkommen. Etwa 50 Prozent aller Jugendlichen, die ohne Schulabschluss dastehen, kommen von Förderschulen. Sie haben kaum Chancen auf einen Ausbildungsplatz oder anständig bezahlte Arbeit.

Diese Staatenprüfung hat noch einmal gezeigt, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Der Bund darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Denn allein die Existenz von Förderschulen widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention. Nötig ist ein konkreter Zeitrahmen, ausreichend Personal und Geld sowie eine entsprechende Überwachung, um den Übergang vom Sonderschulmodell zur inklusiven Bildung zu beschleunigen. Dabei muss der Bund die Länder unterstützen.

„Abschließenden Bemerkungen“ des UN-Fachausschusses (vorläufige uneditierte Fassung auf Englisch)