Zu Äußerungen von Björn Höcke zu Inklusion im Sommerinterview mit dem MDR erklärt Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen Bundestagsfraktion:
In Sachen Inklusion von Menschen mit Behinderungen hat Deutschland enormen Nachholbedarf. Dies gilt für nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche, vor allem dort, wo verkrustete Sonderstrukturen nach wie vor die Segregation von Menschen mit Behinderung fördern. In Förderschulen, Werkstätten oder besonderen Wohnformen werden Betroffene nach wie vor gesellschaftlich abgespalten und an sozialer Teilhabe gehindert.
Wenn Björn Höcke Inklusion in seinem Sommerinterview mit dem MDR als „Ideologieprojekt“ bezeichnet, von dem das Bildungssystem „befreit“ werden müsse, und von „Belastungsfaktoren“ spricht, knüpft er damit unmittelbar an eine Denkweise an, die dem Leben von Menschen mit Behinderungen einen geringeren Wert zuschreibt. Höcke sieht Behinderung als ein Defizit des betroffenen Menschen, das zu dessen Diskriminierung berechtigt.
Das ist grundlegend falsch, denn Behinderung ist ein Mangel inklusiver Strukturen innerhalb einer Gesellschaft. Inklusion ist ein Menschenrecht und stellt für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nicht das Problem dar. Vielmehr ist Inklusion die Lösung für eine Überwindung sozialer Spaltungen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 zu deren Einhaltung verpflichtet. Ende August findet in Genf die Staatenprüfung Deutschlands vor dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen statt, in der die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erneut überprüft wird. Bereits im Rahmen der letzten Staatenprüfung hat der UN-Fachausschuss Deutschland dazu ermahnt, die bestehenden Sonderwelten abzubauen und sowohl im Bildungsbereich als auch in der Arbeitswelt durch inklusive Strukturen zu ersetzen.
Jeder Mensch hat das Recht auf inklusive Bildung und soziale Teilhabe. Wer dieses Recht ganzen Gruppen von Menschen pauschal abspricht, zeigt damit seine Menschenfeindlichkeit und sein mangelndes Verständnis für die Bedingungen einer zukunftsfähigen Gesellschaft.