Staatsangehörigkeitsrecht darf behinderte Menschen nicht diskriminieren

[01.12.2023]  Pressemitteilung
Eine Gruppe von Person steht vor dem Reichstagsgebäude. Links hinter ihnen ist ein überdimensionierter roter deutscher Pass zu sehen, auf dem oben in goldener Schrift steht: Europäische Union, Bundesrepublik Deutschland). Die Aktivist*innen halten zwei Transparente hoch. Die Schrift des einen ist halb verdeckt: "... auf eine Einbürgerung ...schen mit Behinderung". Auf dem zweiten, weiter rechts steht: "Pflegende Angehörige nicht vergessen!" auf denen steht:

Anlässlich der Protest-Aktion von Handicap International vor dem Reichstagsgebäude gegen eine Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts, die Menschen mit Behinderung ausschließt, erklärt Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagfraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Die aktuell vorliegende Fassung der Novelle des Staatsangehörigkeitsrechts diskriminiert Menschen mit Behinderungen und pflegende Angehörige. Eine Einbürgerung rückt für viele von ihnen in unerreichbare Ferne, weil sie aufgrund ihrer Behinderung oder Pflegetätigkeit oftmals ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.

Das ist besonders perfide angesichts der Tatsache, dass barrierefreie Integrations- und Sprachkurse für behinderte Geflüchtete absolute Mangelware sind und der Arbeitsmarkt hinsichtlich Inklusion und Barrierefreiheit eklatante Defizite aufweist. Pflegende Angehörige leisten nicht nur unersetzliche Arbeit für ihre Familie, sondern auch für die Gesellschaft, da sie die Hilfesysteme des Sozialstaats erheblich entlasten.

Einbürgerung darf aber nicht nur einer wirtschaftlichen Verwertungslogik folgen, bei der behinderte Menschen oder pflegende Angehörige am Ende der Kette stehen.

Auch der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen mahnte bei der Staatenprüfung Deutschlands an, Menschen mit Behinderungen im Zuge der Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts nicht von der Einbürgerung auszuschließen.

Ich werde mich intensiv dafür einsetzen, dass die geplante Verschärfung korrigiert wird.

Hintergrund:
Der Gesetzesentwurf, zu dem gestern die erste Lesung im Bundestag stattfand, sieht u.a. eine Änderung an § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes vor. Damit würden – bis auf wenige Ausnahmen – Menschen, die nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, von dem Rechtsanspruch auf Einbürgerung ausgeschlossen. Das trifft insbesondere pflegenden Angehörigen und Menschen mit Behinderung, denn sie können häufig wegen der aufwendigen Pflegetätigkeit oder ihrer Behinderung keiner (Vollzeit-)Beschäftigung nachgehen.