Zur Ablehnung des gemeinsamen Gesetzentwurfs von Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE zur Aufhebung der Wahlrechtsausschlüsse behinderter Menschen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, erklärt Corinna Rüffer, behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:
Nun ist klar: Union und SPD sind nicht bereit, ein inklusives Wahlrecht zu schaffen – die Vereinbarung im Koalitionsvertrag ist nur ein leeres Lippenbekenntnis.
Union und SPD haben heute in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages unseren gemeinsam mit der Linken vorgelegten Gesetzentwurf abgelehnt. Einen eigenen haben sie bis heute nicht vorgelegt, trotz großer Ankündigungen.
Dabei wurde deutlich: Es ist offenbar die Unionsfraktion, die die Wahlrechtsausschlüsse nicht abschaffen will. Aber nicht nur das. Die von der Union ins Spiel gebrachte Überlegung, die Wahlfähigkeit in jedem Einzelfall zu überprüfen, könnte in der Konsequenz sogar dazu führen, dass noch mehr Personen vom Wahlrecht ausgeschlossen würden.
Ein erbärmliches Bild gibt die SPD ab. Auf ihre Initiative hin wurden ein Ende der Wahlrechtsausschlüsse und ein „inklusives Wahlrecht für alle“ im Koalitionsvertrag verankert. Doch aus Angst die Union zu vergrätzen, pocht die SPD nicht auf Einhaltung des Koalitionsvertrages – sondern lässt sich am Nasenring durch die Manege führen.
Wir fordern seit Jahren, die diskriminierenden Wahlrechtsausschlüsse behinderter Menschen zu streichen. In der vergangenen Wahlperiode haben Union und SPD eine Abstimmung über unseren Gesetzentwurf im Bundestag durch die wiederholte Absetzung im Innenausschuss verhindert.
Hintergrund:
Das Wahlrecht ist ein demokratisches Grundrecht. Doch nach §13 Bundeswahlgesetz und §6a Europawahlgesetz sind Menschen, die in allen Angelegenheiten unter rechtlicher Betreuung stehen oder schuldunfähig eine Straftat begangen haben, vom Wahlrecht ausgeschlossen. Betroffen sind davon insgesamt knapp 85.000 Personen. Diese Wahlrechtsausschlüsse sind unvereinbar mit der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland vor zehn Jahren ratifiziert hat.
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD festgelegt: „Unser Ziel ist ein inklusives Wahlrecht für alle. Wir werden den Wahlrechtsausschluss von Menschen, die sich durch eine Vollbetreuung unterstützen lassen, beenden.“