Welt-Down-Syndrom-Tag: Ethischen Fragen nicht ausweichen

[20.03.2017]  Pressemitteilung

Anlässlich des morgigen Welt-Down-Syndrom-Tags erklärt Corinna Rüffer, behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Für Menschen mit Behinderungen begann dieses Jahr in Deutschland besonders intensiv. Zum ersten Mal hat der Bundestag seine Gedenkstunde zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus dem Thema „Euthanasie“ gewidmet. Mit dem Schauspieler Sebastian Urbanski hat der erste Mensch mit Down-Syndrom im Bundestag gesprochen. Das hat viele Menschen bewegt und Menschen mit Behinderungen Hoffnung gemacht, dass ihre Belange zukünftig besser verstanden werden und mehr Berücksichtigung finden.

Der Welt-Down-Syndrom-Tag, der jährlich am 21. März stattfindet, weil bei Menschen mit Down-Syndrom das Chromosom 21 dreifach vorhanden ist, ist ein Tag der Vielfalt. An vielen Orten wird darauf aufmerksam gemacht, dass Menschen mit Down-Syndrom unser Leben und unsere Gesellschaft bereichern. Wie wichtig das ist, zeigt die Tatsache, dass 90 Prozent aller Föten abgetrieben werden, wenn vermutet wird, dass das Kind mit dem Down-Syndrom auf die Welt kommen könnte.

Zurzeit wird geprüft, ob die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für einen umstrittenen Bluttest auf Trisomie übernehmen sollen, der seit 2012 auf dem Markt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat im vergangenen August ein Methodenbewertungsverfahren gestartet und vor kurzem eine Versicherteninformation dazu in Auftrag gegeben. Ich befürchte, dass die standardmäßige Anwendung des Tests dazu führen wird, dass künftig noch weniger Menschen mit Down-Syndrom geboren werden. Der Bluttest dient nicht dazu, die medizinische Versorgung von Mutter und Kind zu verbessern, sondern stellt die Entscheidung für ein Kind nur deshalb wieder in Frage, weil eine Behinderung vermutet wird. Das verstößt gegen der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 geltendes Recht in Deutschland ist.

Die Entscheidung, ob die Gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für den Bluttest übernehmen, darf deshalb keinesfalls dem Gemeinsamen Bundesausschuss überlassen werden. Denn seine Aufgabe ist lediglich, die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode zu bewerten. Das Gremium hat keine demokratische Legitimation, über ethische Fragen dieser Tragweite zu entscheiden. Zu diesem Ergebnis kamen auch Sachverständige, die an einer Anhörung zu diesem Thema von Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe am 8. März in Berlin teilgenommen haben. Jetzt ist die Politik gefragt.