„Unsere Demokratie ist angegriffen.“

[17.05.2017]  Rede
Rede vom 17.05.2017 zum Jahresbericht des Petitionsausschusses.

Es zeichnet den Petitionsausschuss aus, dass darin Abgeordnete sitzen, die ein Interesse daran haben, Menschen im Einzelfall zur Seite zu stehen und Lösungen zu finden, wenn Not da ist. Der Petitionsausschuss wird aber immer noch viel zu sehr als Kummerkasten wahrgenommen.

Wir müssen uns auch einmal selbstkritisch fragen, ob wir nicht auch selber Ursache dafür sind, dass dieser Petitionsausschuss ein Schattendasein fristet: Was wissen die Abgeordneten, die nicht im Petitionsausschuss sind, über die Arbeit des Ausschusses? Wann sind Petitionen Gegenstand von Bundestagsdebatten? Es sollten aber alle Abgeordneten, wissen, wo den Menschen der Schuh drückt. Wir sind ja für die Menschen da und nicht umgekehrt.

Leider entscheiden Union und SPD im Petitionsausschuss häufig nach Lage des Koalitionsvertrages und nicht nach der Sache und danach, was eigentlich geboten wäre – und wenn es gar nicht anders geht, werden unangenehme Petitionen dann vor sich hergeschoben.

Ein Beispiel ist die TTIP-Petition, die fordert, dass Deutschland das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union ablehnt. 68.000 Menschen haben diese Petition unterzeichnet und im Herbst 2014 haben wir sie in einer öffentlichen Ausschusssitzung beraten. – Und seitdem ist nichts mehr passiert! Der Ausschuss hat über diese Petition noch nicht entschieden, sie liegt auf Halde. Dieser Umgang mit Petitionen schürt den Frust und stärkt nicht das Vertrauen in dieses Parlament.

2015 gab es 13.000 Petitionen. Das war so wenig wie seit 30 Jahren nicht mehr. 2016 wurden noch knapp 11.000 Petitionen eingereicht. Und das liegt nicht daran, dass die Menschen in diesem Land so froh und glücklich sind. Vielmehr hat es auch damit zu tun, dass die Menschen nicht mehr damit rechnen, dass sich dieses Parlament mit ihren Nöten ernsthaft beschäftigt.

Das aber ist unsere Aufgabe, und das ist vor allen Dingen die Aufgabe des Petitionsausschusses. Wir dürfen ihn nicht verkümmern lassen. Die letzte große Petitionsreform ist zwölf Jahre her. Es ist an der Zeit, dass wir uns weiterentwickeln und das Herz dieses Parlamentes, den Petitionsausschuss, attraktiver machen: Wir brauchen mehr Transparenz. Wir brauchen mehr öffentliche Beratungen. Wir brauchen mehr Barrierefreiheit.

Diese Demokratie ist angegriffen. Der Petitionsausschuss muss seinen Beitrag dazu leisten, dass sich das endlich wieder ändert.