Mit Petitionen echte Beteiligung ermöglichen

[09.06.2016]  Rede
Rede vom 09.06.2016 zum Jahresbericht des Petitionsausschusses.

Meine Bilanz für die Arbeit des Petitionsausschusses 2015 fällt ziemlich nüchtern aus. Denn das Motto der Kolleginnen und Kollegen von der Großen Koalition lautete offensichtlich: Verschleppen, verschieben, verstecken.

Im Petitionsausschuss verschleppen Union und SPD Entscheidungen über Petitionen, die ihnen nicht angenehm sind. Über Monate, ja sogar Jahre, schieben Sie die Petitionen in irgendwelchen Koalitionsrunden hin und her, und die Leute warten vergeblich auf Entscheidungen. Und sie verstecken Petitionen vor der Öffentlichkeit, wenn Ihnen der Petent oder das Anliegen nicht passt. Das fördert den Verdruss im Ausschuss und schlimmer noch: Es fördert den Verdruss in der Bevölkerung, unter den Bürgerinnen und Bürgern, von den manche schon seit Jahren auf Entscheidungen in ihrem Fall warten.

Rita Süssmuth, ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Bundestagspräsidentin, hat in einem Spiegel-Interview 1993 gesagt: „Mehr Beteiligung und Übernahme von Verantwortung reduzieren den Verdruss.“ Gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung, in Zeiten großer Herausforderungen ist das demokratiefördernde Potenzial von Petitionen wirklich nicht zu unterschätzen. Insofern sollten wir daran arbeiten, dieses Instrument zu stärken und es nicht weiter zu schwächen. Das Parlament erfährt durch dieses Instrument ausnahmsweise einmal direkt und ungefiltert, wo den Bürgern der Schuh drückt. Dann können wir uns damit beschäftigen und unter Umständen da, wo es nötig ist, auch Gesetze ändern.

Wir brauchen eine Stärkung des Petitionsrechtes. Wir brauchen mehr Öffentlichkeit. Grundsätzlich sollten alle Ausschusssitzungen öffentlich sein – warum denn nicht? –, wenn der Petent nicht das Gegenteil möchte oder datenschutzrechtliche Gründe entgegenstehen.

Es ist auch ein Problem, wenn die SPD über Barrierefreiheit im Petitionswesen redet und es ablehnt, einen Antrag zum Behindertengleichstellungsgesetz zu diskutieren, der beinhaltet, dass das Petitionswesen barrierefrei ausgestaltet sein soll.

Wir wollen etwas gegen den Verdruss in unserem Land unternehmen. Wir wollen nicht, dass der Petitionsausschuss wieder zum Kummerkasten wird; denn das deutsche Petitionswesen ist eines der besten Instrumente, echte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu ermöglichen. Deshalb müssen wir das Petitionswesen stärken.