Stationierung von Patriot-Raketen in der Türkei

[29.01.2015]  Erklärung

Persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Stationierung von Patriot-Flugabwehrsystemen und bis zu 400 Soldatinnen und Soldaten in der Türkei (Bundestags-Drucksache 18/3698):

Ich stimme dem Einsatz der Bundeswehr zur Stationierung von Raketen und Personal in der Türkei in der Nähe der türkischen Grenze nicht zu – sondern stimme mit NEIN.

Ein ausreichend sachlicher Grund für diesen Einsatz der Bundeswehr im Ausland ist immer weniger erkennbar. Die Stationierung der Raketen erfolgte ursprünglich, um angeblich mögliche Raketen- und Flugzeugangriffe der syrischen Regierungstruppen auf türkisches Gebiet abzuwehren. Zwar ist der Bürgerkrieg in Syrien keineswegs beendet, sondern wurde sogar von ISIS bis weit in den Nordirak hinein ausgedehnt und nahe der syrischen/türkischen Grenze in der Nähe von Kobani finden schwere Kämpfe statt. Aber die Wahrscheinlichkeit von Luftangriffen syrischer Regierungsstreitkräfte auf die Türkei ist inzwischen denkbar unwahrscheinlich. Hauptfeind der syrischen Regierungskräfte sind die ISIS-Milizen geworden, die ein Drittel des Landes Syrien kontrollieren und einen Kalifatstaat ausgerufen haben. Die syrische Armee bekämpft ISIS. Das tun auch kurdischer Milizen, die wiederum durch Flugzeug- und Drohnenangriffe der internationalen Gemeinschaft (u.a. USA, England, Frankreich) massiv unterstützt werden. Luftangriffe aus Syrien auf die Türkei machen danach überhaupt keinen Sinn und wurden auch nie angedroht. Der derzeitige Hauptfeind ISIS verfügt nicht über Angriffsfähigkeiten, für deren Abwehr die Raketen der Bundeswehr geeignet wären.

Außerdem besteht die Gefahr, dass türkische Sicherheitskräfte immer wieder durch Aktionen Anlässe schaffen, die dazu führen, dass sie in ganz anderer Weise in den Bürgerkrieg verwickelt werden können. Dies könnte auch geschehen, weil türkische Sicherheitskräfte Lieferungen an die Grenze transportieren, mit denen islamische Gruppen, die in Syrien an Kämpfen beteiligt sind, unterstützt werden, wie kürzlich berichtet wurde. Dann könnten auch die im Hinterland stationierten Bundeswehrsoldaten in kriegerische Auseinandersetzungen am Boden hineingezogen werden. Dafür sind sie aber gar nicht mandatiert und überhaupt nicht ausgerüstet.

Der eigentlich Grund, warum der Einsatz der Bundeswehr in der Türkei nicht beendet wird, ist ein rein demonstrativer, nämlich dem NATO-Partner Türkei Nato-Treue zu signalisieren. Das aber reicht nicht, um einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland mit Kampfeinsatz zu legitimieren. Bundeswehrsoldaten im Ausland dürfen nicht Gefahren ausgesetzt und die Verwicklung Deutschlands darf nicht riskiert werden, um ein Zeichen der Verbundenheit mit einem Staat und dessen Regierung zu setzen, die immer autoritärer und demokratisch fragwürdiger wird und im Verdacht steht, gefährliche Islamisten zu unterstützen.

Hinzu kommt, dass zumindest Teile der türkischen Bevölkerung am Standort der Raketen und der Soldaten der Bundeswehr die Stationierung offenbar sehr kritisch sehen. Bundeswehrsoldaten wurden schon beschimpft und verlassen das Standortgelände nur in Begleitung von Polizei.