Der Entwurf für ein Bundesteilhabegesetz ist in der heutigen Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales in großen Teilen durchgefallen. Selbst die Expertinnen und Experten, die von Union und SPD eingeladen wurden, mahnten Verbesserungen an.
Die Liste der Probleme, ist lang: So wurde zunächst die Neuregelung des Zugangs zu Leistungen scharf kritisiert. Nahezu alle Sachverständigen sahen die Gefahr, dass zukünftig Menschen Leistungen nicht mehr erhalten werden, obwohl sie darauf angewiesen sind. Darüber hinaus wiesen viele Sachverständige kritisch darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen weiterhin selbst für die Leistungen zahlen müssen, die ihnen Teilhabe ermöglichen sollen. Von den Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen werde nur ein kleiner Personenkreis profitieren. Das ist menschenrechtlich problematisch. Auch mit Blick auf die Wohnsituation behinderter Menschen sahen die Sachverständigen Nachbesserungsbedarf. Der Vorrang inklusiver Lösungen sei im Gesetz zu verankern. Schließlich stand auch das so genannte „Zwangspoolen“ in der Kritik. Es sei mit einer selbstbestimmten Lebensführung nicht vereinbar, wenn behinderte Menschen sich gegen ihren Willen einen Assistenten oder eine Assistentin teilen müssten. Zahlreiche Probleme gebe es auch mit Blick auf die Teilhabe an Bildung. Auch Menschen mit Behinderungen müssten die Möglichkeit haben, ein freiwilliges Praktikum im Ausland zu absolvieren, Abitur zu machen und einen Masterstudiengang zu absolvieren. Das sehe der Gesetzentwurf bisher nicht vor. Das ehrenamtliche Engagement behinderter Menschen werde durch den Gesetzentwurf ebenfalls erschwert. Assistenzleistungen für ein Ehrenamt zu bewilligen, wird den Sozialhilfeträgern zukünftig noch schwerer möglich sein. Um die Situation behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern, sei es geboten, die Schwerbehindertenvertretungen konsequent zu stärken. Entscheidungen der Arbeitgeber, insbesondere Personalfragen, sollten nur gültig werden, sofern die Schwerbehindertenvertretung vorher darüber informiert wurde.
Schließlich wurde der Ausschluss von Asylsuchenden und Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus von Leistungen der Eingliederungshilfe kritisiert: Schon bestehende Probleme in der Hilfsmittelversorgung würden so verschärft. Behinderte Kinder, deren Eltern nach Deutschland geflüchtet sind, werden zum Beispiel weiterhin keine Unterstützung in der Kita erhalten, sie haben keinen Anspruch auf Frühförderung und bestehende Beeinträchtigungen werden sich leicht verschlimmern.
Die Bundesregierung hat einen schlechten Gesetzentwurf vorgelegt. Sie ist an den eigenen Ansprüchen, ein modernes Teilhaberecht zu schaffen, fulminant gescheitert. Es liegt jetzt in der Macht des Parlaments, das Gesetz zu verbessern. Er habe noch kaum einen Gesetzentwurf erlebt, der derartig scharf kritisiert wurde, so leitete der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss seine erste Frage ein. Ich hoffe, die Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD nehmen sich die Kritik zu Herzen und arbeiten gemeinsam mit der Opposition an der Verbesserung des Gesetzes.