Ein Gesundheitssystem ist nur dann gut und gerecht, wenn es für alle gleichermaßen zugänglich ist – auch für Menschen mit Behinderungen. Dazu hat sich Deutschland mit Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention bereits 2009 verpflichtet.
Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die beeinträchtigt sind, chronisch erkranken oder pflegebedürftig werden – weil unsere Gesellschaft immer älter wird. Auch die Zahl von Menschen mit psychischen Erkrankungen nimmt seit Jahren zu. Diese Personen sind häufiger auf Leistungen des Gesundheitssystems angewiesen als andere, sie brauchen meist eine intensivere und speziellere Behandlung und sie benötigen oft Unterstützung, wie barrierefreie Zugänge, Gebärden- oder Leichte Sprache.
Die Realitäten in Deutschland sind jedoch andere. Deutschland ist von einem gleichen und diskriminierungsfreien Zugang behinderter Menschen zum Gesundheitswesen noch weit entfernt:
- So ist nur ein kleiner Teil der Arztpraxen baulich und technisch barrierefrei.
- Das Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern weiß oft nicht, wie man mit Menschen mit einer kommunikativen Behinderung so spricht, dass diese einen auch verstehen.
- Für Kinder mit Mehrfachbehinderungen fehlt es vielfach an einer adäquaten und spezialisierten Versorgung.
- In vielen Fällen werden die Kosten für spezielle Medikamente, die Menschen mit Behinderungen benötigen, nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen.
- Die Hilfsmittelversorgung von Menschen mit Behinderungen erfolgt mitunter weder zeitnah noch transparent. Dies trifft in besonderem Maße auch Familien mit Kindern mit schweren Behinderungen.
Wir wollen diese Missstände endlich beseitigen. Das wird nicht gelingen, in dem einzelne Schräubchen verstellt werden. Nötig ist ein grundlegender und systematischer Ansatz, ein Inklusionsplan für das Gesundheitswesen. Wie dieser in seinen ersten Schritten aussehen könnte, beschreibt unser Antrag. Die wichtigsten Forderungen:
- Stärkung des Kriteriums Barrierefreiheit bei der Krankenhausplanung und in Arztpraxen
- Verpflichtung an alle gesetzlichen Krankenkassen und Anbieter von Gesundheitsleistungen, barrierefreie Informationen bereitzustellen
- mehr Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderungen (MZEB)
- Bedeutung der Kommunikation zwischen Patientinnen und Behandlerinnen bei der Behandlung von Menschen mit Behinderungen auch bei den Vergütungsregelungen stärker berücksichtigen
- Regelungen ausweiten, die Menschen mit Behinderungen berechtigen, sich durch eigene Assistenzpflegekräfte in Krankenhäusern und stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen unterstützen zu lassen
- Hilfsmittelversorgung unter anderem durch verbindlich erweiterte Qualitätsstandards und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren verbessern
- unterstützenden Angebote für Familien mit schwer behinderten Kindern ausweiten, Antragsverfahren entbürokratisieren und beschleunigen
Antrag: Die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen unverzüglich menschenrechtskonform gestalten, Bundestags-Drucksache 19/27874, 24.03.2021