NS-Euthanasieverbrechen: Erinnerung und Forschung stärken

[22.04.2021]  Antrag

Ab 1939 ermordeten die Nationalsozialisten unter dem Decknamen „Aktion T4“ etwa 300.000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Den Weg dazu ebnete das im Januar 1934 in Kraft getretene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das die rechtliche Grundlage für die Zwangssterilisierung von etwa 400.000 Menschen bildete.

Die überlebenden Opfer mussten sehr lange um Anerkennung kämpfen. Denn insbesondere das Bundesentschädigungsgesetz von 1956 sorgte mit seinem engen Verfolgungsbegriff dafür, die Opfer von „Euthanasie“ und Zwangssterilisation auszuschließen.

Erst 2014, fast 70 Jahre nach Kriegsende, wurde in der Berliner Tiergartenstr. 4, wo die für die Morde verantwortliche NS-Behörde saß, endlich ein Gedenk- und Informationsort die Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns eingerichtet. Und es dauerte drei weitere Jahre bis in der Bundestags-Gedenkstunde zum 27. Januar erstmals die Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen im Mittelpunkt standen.

Wir wollen weitere Schritte zu gehen, um die Opfer von Zwangsterilisationen noch stärker in unsere Erinnerungskultur aufzunehmen und die Nachgeschichte der „Euthanasie“-Verbrechen besser zu erforschen. In unserem Antrag „NS-Euthanasie-Morde und Zwangssterilisation – Nachgeschichte erforschen“ fordern wir deshalb u.a.:

  • Projekte zu den Verfolgungsschicksalen sowie die Entwicklung spezifischer Bildungsprojekte zu fördern
  • die Vernichtung von Akten zu NS-Verfolgung, NS-Verbrechen und NS-Strafverfolgung zu verbieten, damit diese für die Forschung erhalten bleiben (Kassationsverbot)
  • die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in psychiatrische Einrichtungen zu unterstützen
  • eine zentrale Informationsstelle zur Geschichte der Biopolitik im Nationalsozialismus einzurichten

Antrag: NS-Euthanasie-Morde und Zwangssterilisation – Nachgeschichte erforschen, Bundestags-Drucksache 19/28824, 21.04.2021