Bio für alle – wie geht das?

[20.06.2018]  Veranstaltung
Gemüse in einer Geschäftsauslage
© Lisa Fotios / pexels.com

Wäre es möglich, alle Menschen mit Bio-Lebensmitteln zu ernähren? Und könnten ErzeugerInnen und KleinhändlerInnen bei einer „Bio-Massenproduktion“ noch existenzsichernde Preise erzielen? Diese Fragen habe ich mit Fachleuten und vielen interessierten Gästen Ende Mai diskutiert.

Ökologisch produzierte Lebensmittel müssten eigentlich weltweit Standard werden, wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten wollen. Doch dann müssten sich Herstellung und Vertrieb von Biolebensmitteln weiter verändern – dabei leiden kleine Einzelhändler und Bio-Betriebe schon heute unter dem zunehmenden Konzentrations- und Industrialisierungsprozess auf dem Bio-Markt.

Markus Bogner berichtete, wie er auf seinem Hof als Kleinbauer ökologisch und ökonomisch nachhaltig wirtschaftet. Er verarbeitet die meisten seiner Produkte weiter (beispielsweise zu Soßen, Marmelade oder Brot) und verkauft diese im eigenen Laden oder Café. Nur durch diese Veredelung der landwirtschaftlichen Urprodukte kann er als Kleinbauer von seiner Arbeit leben. Von den Urprodukten alleine ginge das nicht. Zudem kann er als Direktvermarkter alles verwerten, was auf seinem Hof wächst, und ist nicht gezwungen, Dinge wegzuschmeißen, weil sie nicht „marktkonform“ gewachsen sind. Bogner betonte, dass er seine Produkte nicht nur verkaufe, sondern auch „kommuniziere“: „Wenn meine KundInnen wissen, wie die Produkte hergestellt werden und welche Arbeit in ihnen steckt, sind sie auch bereit faire Preise zu bezahlen.“

Im Gegensatz dazu vertritt Regino Esch, Landwirt und Vorsitzender von Bioland Rheinland-Pfalz/Saarland, einen Marktansatz. Nicht jeder sei ein guter (Direkt-)Vermarkter der eigenen Produkte – er selbst eingeschlossen. Aus seiner Sicht sind auch Großbetriebe durchaus vereinbar mit ökologischer Landwirtschaft. „Großen Betrieben kann es sogar leichter fallen als manchem Kleinbauern, die strengen Bioland-Richtlinien einzuhalten“, so die Hoffnung von Esch. Zudem seien größere Betriebe wichtig, um in der Region Arbeitsplätze zu schaffen.

Dagegen plädierte Gabi Rüffer, Inhaberin des ersten Trierer Naturkostladens „Zwiebel“, dafür, sich dem Wachstumsdruck zu widersetzen. Die „Zwiebel“ solle ganz bewusst ein Stadtteilladen bleiben, denn viele kleinere Läden, die auf Wachstum gesetzt hätten, existierten bereits nicht mehr oder müssten ihre Ideale aufgrund des Marktdrucks aufgeben. „Mittels einer engen Bindung an regionale Produzenten kann ich mich dem Druck des Großhandels entziehen – und habe auch die Möglichkeit Herzensprojekte umzusetzen, wie beispielsweise behinderte Menschen auszubilden“, so Rüffer.

Helmut Wolman, Bildungsreferent bei „Teikei Coffee“, beschrieb wie die Organisation versucht, faire Landwirtschaft und fairen Handel auf Basis einer Gemeinschaft, möglich zu machen. Bei „Teikei Coffee“ bilden LandwirtInnen, Transportunternehmen, Röstereien und EndverbraucherInnen diese Gemeinschaft. Als Mitglied der Verbrauchergemeinschaft erhält man einen Anteil an der Ernte. Dies garantiert den Kaffeebauern und -bäuerinnen eine bestimmte Abnahmemenge und sie tragen das Ernterisiko nicht mehr allein, sondern es lastet auf den vielen Schultern der Gemeinschaft. Um ein möglichst ganzheitliches Wirtschaften zu verwirklichen, transportiert „Teikei Coffee“ den Kaffee sogar mit einem Segel- statt einem Containerschiff. Wolman ist überzeugt: Man kann viele Menschen von nachhaltigem Konsum überzeugen – wenn das immer wieder in Wohngemeinschaften, auf der Arbeit oder an Schulen thematisiert und aufgezeigt wird, welche Handlungspotenziale jeder einzelne von uns hat.

Um „Bio für alle“ möglich zu machen, müssen Biolebensmittel natürlich auch für alle finanzierbar sein – so Hinweise aus dem Publikum. Wenn gleichzeitig der Preise für die Bäuerinnen und Bauern fair bleiben sollen, ist das nur machbar, wenn der allgemeine Lebensstandard angehoben wird. Gefordert wurde auch, dass die Politik endlich konsequent nachhaltig wirtschaftende LandwirtInnen unterstützt und umweltschädliche Subventionen abschafft.