Conterganstiftung handelt gegen die Interessen der Betroffenen

[20.01.2020]  schriftliche/mündliche Fragen

Im Oktober 2019 hat die Conterganstiftung gut 60 Betroffene in Brasilien, Mexiko und Finnland angeschrieben und angekündigt, künftig keine Entschädigungsrenten mehr zu zahlen. Begründet wurde das damit, dass die thalidomidhaltigen Medikamente, die die Mütter der Betroffenen während der Schwangerschaft eingenommen hatten, nach neuen Erkenntnissen doch keine Präparate der Firma Grünenthal (dem Hersteller von „Contergan“) waren. Deshalb sei die Conterganstiftung doch nicht für die monatlichen Entschädigungszahlungen (Conterganrenten) zuständig, die die Betroffenen seit mehr als 40 Jahren erhalten.

Die Schreiben der Stiftung an die ausländischen Betroffenen zeugten von wenig Sensibilität: Sie waren in deutscher Sprache verfasst, mit knapper Antwortfrist versehen und Antworten auf Englisch wurden mit dem Hinweis zurückgewiesen, die Amtssprache der Stiftung sei Deutsch.

Zudem wurden sie verschickt, bevor die Stiftung gründlich geprüft hatte, ob es überhaupt eine rechtssichere Grundlage für eine Aberkennung der Renten gibt. Nach Recherchen von Spiegel und NDR gibt es sehr viele Dokumente, die dafür sprechen, dass das Medikament „Sedalis“ – um das es in den 58 brasilianischen Fällen geht – ein Grünenthal-Präparat war. So geht aus dem Lizenzvertrag hervor, dass Grünenthal das Thalidomid an die brasilianischen Firma Pinheiros lieferte. Und der Beipackzettel zeigt, dass „Sedalis“ unter dem Namen und Logo von Pinheiros und Grünenthal verkauft worden ist. Diese Dokumente aber hatte die Stiftung nicht eingesehen, bevor sie die Schreiben verschickte. Grünenthal selbst hat sich von dem Vorgehen der Stiftung distanziert und betont, dass „Sedalis“ ein Grünenthal-Präparat im Sinne des Conterganstiftungsgesetzes sei.

Im Zentrum der Conterganstiftung sollten die Interessen der Contergangeschädigten stehen. Deshalb hätte die Stiftung vor einem solch folgenschweren Verfahren zunächst sehr sorgfältig und umfangreich prüfen müssen, bevor sie den betroffenen Personen einen Rentenstopp androht. Dieses Vorgehen der Stiftung verdeutlicht erneut, wie wenig sie sich offensichtlich den Betroffenen verpflichtet sieht. Wir brauchen dringend einen Kulturwandel in der Conterganstiftung sowie Strukturen, die die Interessen der contergangeschädigten Menschen in den Mittelpunkt rücken.

Antwort der Bundesregierung auf meine schriftl. Fragen zum Anhörungsverfahren der Conterganstiftung

Antwort der Bundesregierung auf meine mündl. Frage zum Anhörungsverfahren der Conterganstiftung

Antwort der Bundesregierung auf die schriftl. Fragen meiner FraktionskollegInnen zum Anhörungsverfahren der Conterganstiftung