Das Arzneimittel Duogynon steht seit langem im Verdacht bei Kindern schwere Fehlbildungen ausgelöst zu haben. In Großbritannien wird es eine erneute Untersuchung geben. Die Bundesregierung sieht dagegen keinen Handlungsbedarf – und die Herstellerfirma verweigert nach wie vor sowohl Auskünfte als auch eine Mediation mit den Betroffenen.
Die Firma Schering, die seit 2006 zu Bayer gehört, brachte Duogynon 1950 auf den Markt. Das Hormonpräparat wurde zur Behandlung ausbleibender Monatsblutungen und als Schwangerschaftstest eingesetzt. Zwar erschien bereits 1967 im Fachmagazin „Nature“ eine Studie, die einen Zusammenhang vermutete zwischen Duogynon und Fehlbildungen bei Kindern wie Gaumenspalte, Herzfehlbildungen oder offener Rücken. Doch erst 1981 wurde das Mittel in Deutschland vom Markt genommen – deutlich später als in anderen Ländern. Mehr als tausend Geschädigte soll es in Deutschland geben.
Diese haben den Hersteller bereits mehrfach verklagt – allerdings erfolglos. Ein Zusammenhang zwischen dem Medikament und den Fehlbildungen konnte bislang nicht zweifelsfrei belegt werden. Da die Schadensersatzansprüche verjährt sind, gibt es keine Grundlage, Auskunft zu verlangen – und Schering bzw. Bayer weigern sich, Akten offenzulegen. Auch zu Gesprächen mit denjenigen, die sich geschädigt sehen, ist der Hersteller bis heute nicht bereit.
Großbritannien will den Fall nun ab Frühjahr 2015 im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung neu aufrollen. Doch die Bundesregierung sieht derzeit keinen Handlungsbedarf, so die Antwort auf meine schriftlichen Fragen. Man zieht sich auf eine Studie der Charité in Berlin zurück, die keinen kausalen Zusammenhang zwischen Duogynon-Einnahme und Fehlbildungen feststellen konnte. Darin heißt es aber auch, dass man wegen methodischer Unzulänglichkeiten nicht darauf schließen könne, dass Duogynon unbedenklich sei.