Forderungen ehemaliger Heimkinder

[03.06.2015]  Petition

Ehemalige (Heim-)Kinder, die in Behindertenheimen und Psychiatrien untergebracht waren, warten seit Jahren auf Hilfeangebote. Von den bestehenden Heimkinderfonds sind sie bislang ausgeschlossen. Nun kam Ende Mai die Untergruppe „Entschädigungsfonds für ehemalige Heimkinder der Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien“ der Arbeitsgemeinschaft der ehemaligen Heimkinder Deutschlands (AeHD) zu einem Strategietreffen in Berlin zusammen. Die dabei aufgestellten Forderungen präsentierten sie anschließend den behindertenpolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen:

Forderungen an eine Fondslösung

1. Seit Jahren warten die Betroffenen auf die Umsetzung des Beschlusses des Bundestages vom 11.7.2011, die ehemaligen Heimkinder der Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien gleichzustellen mit den laufenden Fondsleistungen der Jugendhilfe und nicht als Opfer 3. Klasse zu diskriminieren.

2. Die Betroffenen fragen, warum hat man uns überhaupt von den nichtbehinderten Heimkindern abgesondert?

3. Durch bewusste Verzögerungen und Abwehrhaltungen sind mittlerweile viele Betroffene verstorben.

4. Deshalb fordern wir, dass das Thema auf die Tagesordnung des Gesprächs der Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin am 18. Juni 2015 kommt und bis spätestens zum 1. Oktober 2015 eine Lösung zwischen den Errichtern eines Fonds verbindlich vereinbart wird, die den Interessen der Betroffenen entspricht.

5. Im Interesse der Betroffenen sind folgende Punkte unverzichtbar:
– Nur mit einer konsequenten Beteiligung der Betroffenen kann ein adäquates Hilfsangebot einer Entschädigung dieser Opfergruppe gefunden werden.
– Bei den Hintergründen des zugefügten Unrechts liegt noch viel im Dunkeln. Eine notwendige, sofortig zu beginnende Aufarbeitung geht nur mit den Betroffenen als Zeitzeugen.
– Eine Genugtuung setzt voraus, dass hochrangige politische Persönlichkeiten (Vorschlag: Bundestags- und Bundesratspräsident) eine Entschuldigungserklärung öffentlich formulieren.
– Wir fordern eine Beratungsstruktur des Fonds, der niedrigschwellig und barrierefrei erreichbar ist, aufsuchend arbeiten kann und mit qualifiziertem Personal besetzt ist. Auch hier müssen direkt Betroffene an der Beratungsarbeit beteiligt werden. Wir denken an nur sechs bis sieben Anlauf- und Beratungsstellen in ganz Deutschland, diese aber sehr qualifiziert und personell gut ausgestellt. Auf keinen Fall sollten die bisherigen Anlauf- und Beratungsstellen zur Umsetzung des Fonds Heimerziehung, die fachlich für eine solche Aufgabe nicht Qualifiziert sind, eine solche Aufgabe übertragen bekommen.
– Neben diesen Beratungsangeboten müssen Möglichkeiten der Selbst-organisation (nach der Methode des peer counceling) gefördert werden.
– Als Entschädigung in Geld fordern wir die Wahl der Betroffenen zwischen einer monatlichen Rente von 300 Euro oder einer entsprechenden Einmalzahlung. Geldleistungen des Fonds dürfen weder pfändbar noch auf andere Sozialleistungen und auch nicht als Einkommen anrechenbar noch besteuerbar sein.
– Besonders zu beachten ist bei der Fondslösung, dass die bislang tabuisierte Zwangsarbeit von Kindern in Heimen/Einrichtungen aufgearbeitet und in den Antworten des Fonds berücksichtigt wird.
– Wir fordern, dass Betroffene, soweit sie Mittel aus dem Fonds II beziehen, weiterhin anspruchsberechtigt sind, Leistungen aus dem Fonds sexuellen Missbrauch zu beantragen.
– Der Zugang zum Entschädigungsfonds darf zeitlich nicht unzumutbar begrenzt sein, weil es erfahrungsgemäß bei dieser Opfergruppe, die zumeist heute noch in Einrichtungen lebt, länger zeitlich dauern wird, sich persönlich an den Fonds zu wenden.

6. Die Schutzlosigkeit der Kinder in Einrichtungen der Jugendhilfe/Behindertenhilfe/Psychiatrien von damals darf heute nicht zur Missachtung der Schutzbedürftigkeit von Kindern in Einrichtungen führen. Kinder und Jugendliche in öffentlicher stationärer Versorgung brauchen unabhängige Ombudsstellen, einen wirksamen Ort, der den Kindern und Jugendlichen ohne negative Folgen ermöglicht, sich über Grenzverletzungen, Übergriffe, Misshandlungen und Missbrauch zu beschweren.

7. Diese Forderungen sind unverzüglich umzusetzen. Der Bund, die Länder und die Kirchen sind aufgefordert, sofortig entsprechende Beschlüsse zu fassen.

Weitere Informationen dazu: » Unrecht endlich anerkennen und aufarbeiten