Gegen eine Fortsetzung der Militärmission in Mali

[26.02.2015]  Erklärung

Persönliche Erklärung der Abgeordneten Corinna Rüffer, Peter Meiwald und Hans-Christian Ströbele nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Ausbildungsmission EUTM Mali (Drucksachen 18/3836, 18/4109):

Den Antrag der Bundesregierung, rund zwölf weitere Monate (bis einschließlich 31. Mai 2016) Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten zur Ausbildung und Beratung der dortigen Armee nach Mali zu entsenden, die hierfür veranschlagte Erhöhung der Kosten um 6,8 Mio. Euro im Vergleich zum vergangenen Mandatszeitraum sowie die weiterhin angedachte Anhebung der Mandatsgrenze von 250 auf bis zu 350 Soldatinnen und Soldaten, lehnen wir ab und stimmen mit NEIN.

Mali braucht einen staatlichen Neubeginn unter möglichst stabilen Rahmenbedingungen. Dies steht außer Frage, und wir stimmen mit der Bundesregierung weiterhin völlig darin überein, dass unser Land hier aufgefordert ist, substantiell Verantwortung für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen Malis zu übernehmen.

Festzustellen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, dass sich im Nachgang der bisherigen militärischen Intervention afrikanischer und europäischer Truppen zwar die direkte militärische Gefährdung des malischen Staates nicht mehr so darstellt wie vor drei Jahren. Allerdings ist ebenso zu konstatieren, dass das aktuelle Mandat der Bundeswehr trotz aller Bemühungen auch nicht dazu geführt hat, die drängende Herausforderung des staatlichen Wiederaufbaus Malis entscheidend voranzubringen.

Im Gegenteil: Da ein echtes Gesamtkonzept zur Rückgewinnung staatlicher Souveränität einer legitimen Regierung für ganz Mali, welches vom malischen Volk, seiner gewählten Regierung – unterstützt durch die internationale Gemeinschaft – getragen wird, weiterhin eklatant fehlt, besteht aus unserer Sicht das große Risiko, dass sich die mit deutscher Militärhilfe gestärkte malische Armee nicht unbedingt als stabilisierendes Element im Entwicklungsprozess positionieren muss, sondern als eigenständiger Akteur in auch zukünftig noch drohenden Machtkämpfen agieren könnte.

Diese Befürchtung besteht auch deshalb, weil die Armee Malis schon einmal bis 2012 von deutschen Soldaten monatelang ausgebildet worden war, dann aber gegen die damals legitime Regierung geputscht hatte. Danach kam es zu blutigen Auseinandersetzungen innerhalb dieser Armee. Die damalige Bundesregierung hatte deshalb die Militärhilfe eingestellt. Wenn auch der Putschistenführer inzwischen in Haft ist, zeigt die damalige Entwicklung, dass deutsche Militärausbildung keineswegs zur Demokratisierung, Disziplinierung oder Loyalität der Soldaten gegenüber der legitimen Regierung und Stabilität des Landes führt. Die vom deutschen Militär ausgebildete Armee soll sogar an schweren Menschenrechtsverletzungen während ihres Einsatzes im Norden Malis gegen die dort ansässige Zivilbevölkerung beteiligt gewesen sein.

Im Sinne eines echten Capacity-Building-Ansatzes für den fragilen Staat Mali stehen wesentliche andere Aufgaben auf der Agenda als die militärische Ausbildung einzelner Einheiten. Beispielhaft seien genannt: Moderation und Unterstützung des Versöhnungsprozesses, wirtschaftliche Aufbauhilfe, die Stärkung der polizeilichen Kräfte im Land, Korruptionsbekämpfung, Bildung und Ausbildung. Hierzu sind aus unserer Sicht die Instrumente der staatlichen und nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit, der politischen Stiftungen und der polizeilichen Ausbildung, sowie die Stärkung regionaler, afrikanischer Initiativen deutlich besser geeignet als der im EUTM-Mandat vorgesehene Bundeswehreinsatz.

Daneben sehen wir ein weiteres ernstes Problem mit dem vorgelegten Mandat. Auf die weiterhin sehr instabile Lage in der Nordregion gibt das EUTM-Mandat keine Antwort. Eine echte Friedens- und Versöhnungsinitiative für Mali, die letztlich die Grundlage für einen staatlichen Wiederaufbau darstellt, wird auch für diese Region Antworten geben müssen, damit sie nicht von vornherein die Probleme lediglich verschiebt oder verlagert. Eine Rechtfertigung über die Responsability to protect (RTP) ist vor diesem Hintergrund für das vorgelegte Mandat nicht gegeben.