Fragestunde: 10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention

[22.03.2019]  schriftliche/mündliche Fragen

Vor zehn Jahren, am 26. März 2009, trat die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland in Kraft. Die Bilanz ist leider wenig zufriedenstellend. Wir haben die Bundesregierung deshalb in der Fragestunde vom 20. März kritisch zur bisherigen Umsetzung und zu künftigen Plänen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung befragt.

Die Antworten der Bundesregierung lassen sich so zusammenfassen: „Inklusion interessiert uns eher mäßig, das können ja mal andere machen“. Die Bundesländer, gesellschaftliche Institutionen, private Vereine … Wenn die Regierung sich selber in der Verantwortung sieht, dann allenfalls für die Auflegung von Förderprogrammen oder Bewusstseinskampagnen – eher Moderator denn Akteur.

Ich wollte beispielsweise wissen, ob die Bundesregierung mit den Ländern überlegt, die Deutsche Gebärdensprache (DGS) als Wahlfach in Grundschulen anzubieten. So könnte die DGS weitere Verbreitung finden und Barrieren im Leben tauber Menschen würden abgebaut. Die Bundesregierung verweist aber lediglich auf die Entscheidungshoheit der Länder und schüttelt die Verantwortung, die Umsetzung der UN-BRK zentral zu steuern, ab.

Bemerkenswert war auch der Standpunkt des Regierungsvertreters zur Ausbildung behinderter Jugendlicher: Sie seien in fachpraktischen Ausbildungsgängen gut untergebracht. Was er verschweigt: Die erworbenen Abschlüsse sind nicht mit denen in anerkannten Ausbildungsberufen gleichgestellt. Auch die ausbildungsbegleitenden Hilfen, die die Bundesregierung anführte, sind im Regelfall nicht auf die Bedürfnisse junger Menschen mit Beeinträchtigung ausgerichtet. Und die von der Bundesregierung gelobte Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation für Ausbilderinnen und Ausbilder (ReZA), eine Art Sonderpädagogikstudium im Miniaturformat, ist so bürokratisch und zeitaufwendig, dass sie Betriebe eher von der Ausbildung behinderter Jugendlicher abschreckt.

Außerdem wollte ich erfahren, ob die Bundesregierung Förderprogramme zur Ausbildung von Assistenzhunden plant sowie deren Aufnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Assistenzhunde unterstützen nicht nur blinde Menschen, sondern können auch bei zahlreichen weiteren Behinderungen oder chronischen Erkrankungen die Lebensqualität der betroffenen Menschen deutlich verbessern. Für die Regierung offenbar kein stichhaltiges Argument; sie überlässt die teure Ausbildung dieser Tiere Vereinen, die sich über Spenden und Mitgliedsbeiträge finanzieren müssen.

Insgesamt zeigte sich die Bundesregierung desinteressiert und ließ jegliches inklusionspolitische Engagement vermissen. Eine zentrale Strategie zur Umsetzung der UN-BRK liegt nicht vor, weil es am politischen Willen fehlt – und das ein Jahrzehnt nach Inkrafttreten ….