Kurz vor der Sommerpause habe ich die Bundesregierung gemeinsam mit Abgeordnete aus Union und Linksfraktion noch einmal zum Bluttest auf Down-Syndrom befragt. Die Antworten zeigen erneut: Die Bundesregierung interessiert sich für das ethisch heikle Thema nicht.
Nachdem die Kleine Anfrage, die 160 Abgeordneten aller Fraktionen vor einigen Monaten eingereicht hatten, nur unzureichend beantwortet wurde, wollten wir mehr wissen: Was tut die Bundesregierung, um Schwangeren und werdenden Eltern, die über einen solchen Test nachdenken, ausgewogene Informationen zur Verfügung zu stellen, in denen auch Menschen mit Down-Syndrom selbst zu Wort kommen? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass ein negatives Bild vom Leben mit Down-Syndrom vermittelt wird, wenn es als „Risiko“ gilt, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen? Was genau war Gegenstand der positiven Ethik-Voten, auf deren Grundlage die Entwicklung des Bluttests von der damaligen Bundesregierung finanziell gefördert wurde?
Die Antworten zeigen erneut: Die Bundesregierung ist am Thema nicht interessiert. Es gibt keine Materialien, in denen Menschen mit Down-Syndrom selbst zu Wort kommen, wenn es um vorgeburtliche Untersuchungen zur Feststellung des Down-Syndroms geht. Es bestünden zwar möglicherweise Vorbehalte in der Bevölkerung, ein Kind mit Beeinträchtigung zu bekommen, diese Vorbehalte würden durch andere bewusstseinsbildende Maßnahmen der Bundesregierung „implizit“ bekämpft – zum Beispiel dadurch, dass Menschen mit Down-Syndrom auf Plakatmotiven der Kampagne „behindern ist heilbar“ abgebildet würden oder zu Wort kämen. Ob geplant ist, solche Materialien zu entwickeln, konnte in der Fragestunde nicht geklärt werden. Die Bundesregierung vertritt die Ansicht, dass die Rede vom „Risiko“, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen, kein ein negatives Bild zeichne. Der Begriff Risiko sei neutral.
Unsere Frage, ob die möglicherweise diskriminierende Wirkung solcher Bluttests Gegenstand der von der Bundesregierung angeführten Ethik-Voten war, wurde nicht beantwortet. Menschen mit Behinderungen waren allerdings im Kreis der Gutachterinnen und Gutachter nicht erkennbar vertreten.
Besonders deutlich wurde das Desinteresse der Bundesregierung bei einer Nachfrage zum medizinischen Zweck der vorgeburtlichen Blutuntersuchungen: In der Antwort auf die Kleine Anfrage hatte sie noch behauptet, auf Grundlage der Befunde wäre „eine gegebenenfalls notwendige Anpassung der medizinischen Betreuung der Schwangerschaft“ möglich. Jetzt gab sie zu, nicht zu wissen, ob bzw. wie oft solche „Anpassungen“ vorgenommen werden.
Leider wurde aus Zeitgründen nur eine der eingereichten Fragen mündlich beantwortet. Die Bundesministerien für Gesundheit sowie Bildung und Forschung haben die Fragen schriftlich beantwortet. Bei uns sind noch viele Fragen offen, wir werden daher nach der Sommerpause erneut nachhaken.