Heimkinder aus Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien werden benachteiligt

[17.06.2016]  Pressemitteilung

Zum Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz zu Hilfen für ehemalige Heimkinder aus Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien, erklärt Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik:

Dass die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ nun endlich starten kann, ist grundsätzlich zu begrüßen und absolut überfällig. Doch leider ist die Politik offensichtlich nicht in der Lage, sich gegenüber den Betroffenen wirklich respektvoll und angemessen zu verhalten.

Die Höhe der nun beschlossenen Rentenersatzleistungen ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die als Kinder und Jugendliche in Behindertenheimen und Psychiatrie misshandelt wurden und dort Zwangsarbeit leisten mussten. Denn Heimkinder aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe haben für die während ihres Heimaufenthalts geleistete Arbeit Rentenersatzleistungen von 300 Euro pro Monat erhalten. Im Einzelfall waren das bis zu 25.000 Euro.

Es ist ein Hohn, wenn Kerstin Tack (SPD) sich jetzt darüber freut, „dass die Ungleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen nun aufhört“. Das Gegenteil trifft zu: Sie werden gegenüber anderen Opfern der damaligen Heimerziehung weiterhin benachteiligt. Es ist beschämend, dass die Arbeitsleistung von Menschen, die in Behindertenheimen und Psychiatrien waren, den Verantwortlichen offensichtlich deutlich weniger Wert ist.

Was jenseits aller Geldzahlungen und wissenschaftlicher Aufarbeitung dringen nötig ist, ist eine aufrichtige Entschuldigung von Seiten der Politik und der Kirchen gegenüber den Betroffenen.

Hintergrund:
Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben sich bei ihrem gestrigen Treffen grundsätzlich auf Hilfen für ehemalige Heimkinder aus Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien geeinigt. Im Rahmen der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ sollen sie eine pauschale Geldleistung in Höhe von 9.000 Euro erhalten sowie Rentenersatzzahlungen in Höhe von 3.000 Euro (bei zwei Jahren Arbeit) oder 5.000 Euro (bei mehr als zwei Jahren geleisteter Arbeit), sofern die Einrichtungen dafür keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben.
Von dem 2012 eingerichteten Fonds „Heimerziehung West“ und „Heimerziehung in der DDR“ waren sie ausgeschlossen. Antragsberechtigt waren dort nur ehemaligen Heimkindern aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.