Schutzschirme für Menschen mit hohem Risiko längst überfällig

[29.10.2020]  Pressemitteilung

Anlässlich der Beratungen und Beschlüsse der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident*innen der Länder zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erklärt Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik:

Es ist ein riesiges Versäumnis, dass die Sommermonate nicht dazu genutzt wurden, um zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Konzepte jenseits freiheitsbeschränkender Maßnahmen zu entwickeln. Besonders wichtig wäre es gewesen, Schutzstrategien für Menschen aus den Risikogruppen auf den Weg zu bringen, die nicht auf Isolation setzen, sondern auf niedrigschwellige Regelungen, die schützen und höchstmögliche Freiheit ermöglichen. Dazu gehören Konzepte, die aufklären und Menschen bei Prävention und Kontaktvermeidung mitnehmen, weil sie nachvollziehbar sind, wie zum Beispiel reservierte Einkaufszeiten für ältere und behinderte Menschen, Lohnersatzleistungen und kostenlose Taxifahrten. Darüber hinaus sind aber natürlich auch technische Lösungen nötig, ausreichend Personal in den Gesundheitsämtern und in der Intensivpflege sowie gute Teststrategien.

Nun wird zur Bekämpfung von Corona erneut auf harte Maßnahmen gesetzt. Diese werden insbesondere auch damit begründet, dass besonders vulnerable Gruppen geschützt werden müssen. Der Weg des vergangenen Frühjahrs hatte teilweise verheerende Folgen. So waren viele Menschen in Pflege- oder Behindertenheimen aufgrund von Besuchs- oder sogar Ausgangsverboten monatelang fast völlig isoliert. Nicht nur, dass das praktisch einem Freiheitsentzug gleich kam. Im Zuge der Corona-Maßnahmen wurden auch Mechanismen zur Gewaltprävention ausgehebelt, da die Heimaufsicht kaum noch in den Einrichtungen kontrollierte – obwohl Gewalt in stationären Einrichtungen nachweislich ein großes Problem ist.
Und trotz dieser starken Eingriffe und Beschränkungen, kam es in besonderen Wohnformen zu großen Corona-Ausbrüchen. Etwa die Hälfte aller Corona-Toten in Deutschland lebte in Heimen – und starb einsam.

Was im Frühjahr geschehen ist, darf sich nicht wiederholen. Diese Prämisse gehört endlich in den Fokus politischer Entscheidungen!