Kostenerwägungen waren wichtiger als Anerkennung von Unrecht

[09.11.2016]  Pressemitteilung

Zum Kabinettsbeschluss, eine Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ für ehemalige Heimkinder aus Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien zu errichten, erklärt Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Es ist höchste Zeit, dass die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ ihre Arbeit aufnimmt. Menschen, die als Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrien Unrecht und Leid erfahren haben, warten schon viel zu lange auf Anerkennung und Unterstützung.

Es ist aber überaus beschämend, dass die Betroffenen deutlich geringere finanzielle Leistungen erhalten als ehemalige Heimkinder aus der Kinder- und Jugendhilfe. Leider waren der Politik Kostenerwägungen wichtiger als eine angemessene Anerkennung des Unrechts.

Menschen, die in Behindertenheimen und Psychiatrien waren – viele sogar aufgrund falscher Diagnosen –, haben vielfach unermessliches Leid und Unrecht erlebt. Viele von ihnen wurden offensichtlich sogar Opfer von Medikamententests. Ihre Ungleichbehandlung ist durch nichts zu rechtfertigen. Den Betroffenen wird damit, nach den Misshandlungen in den Einrichtungen und der Nicht-Berücksichtigung bei den bestehenden Heimkinderfonds, erneut Unrecht zugefügt.

Hintergrund:
Heimkinder aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrien waren von den 2012 eingerichteten Fonds „Heimerziehung West“ und „Heimerziehung in der DDR“ ausgeschlossen. Im Juni hatten sich die Regierungschefs von Bund und Ländern endlich auf ein Hilfesystem verständigt.
Im Rahmen der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“, die im Januar 2017 startet, sollen sie eine pauschale Geldleistung in Höhe von 9.000 Euro erhalten sowie Rentenersatzzahlungen in Höhe von 3.000 Euro (bei zwei Jahren Arbeit) oder 5.000 Euro (bei mehr als zwei Jahren geleisteter Arbeit), sofern die Einrichtungen dafür keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben.
Heimkinder aus Jugendhilfeeinrichtungen haben dagegen bis zu 10.000 Euro für Sachleistungen erhalten sowie Rentenersatzleistungen von 300 Euro pro Monat geleisteter Arbeit (im Einzelfall bis zu 25.000 Euro).