Die Kraft des Petitionsausschusses nutzen

[07.06.2018]  Rede
Rede vom 7.6.2018 zum Jahresbericht des Petitionsausschusses.

Der Petitionsausschuss ist eine der besten und wertvollsten Einrichtungen, die dieses Parlament zu bieten hat: Er ist der Ort für den Dialog und die Rückkopplung mit den Menschen in dieser Republik und er verfügt über unglaublich starke Instrumente. Und die sind heute wichtiger denn je, denn: „Wie verhindert man deutschen Trump? Mit einem modern funktionierenden Petitionsausschuss“, befand – für manche verblüffend, eigentlich aber sehr naheliegend – Christoph Herwartz im November 2016 in der Zeit. Leider hatten wir 2017 keinen modern funktionierenden Petitionsausschuss. Das Ergebnis: Die Zahl der Petenten, die sich an den Bundestag wenden, bleibt konstant gering. Die Erfolge waren eher mäßig.

Wir müssen die Bürgerbeteiligung stärken – und der Petitionsausschuss ist ein Mittel dazu. Wenn beispielsweise Petitionen, die von Zehntausenden unterstützt werden, dann sollten wir die Debatte darüber im Plenum führen!

Welche Wucht der Petitionsausschuss entfalten kann, zeigt ein herausragendes Beispiel aus der Vergangenheit: 2006 haben sich erstmals Menschen an den Petitionsausschuss gewandt, die als Kinder in den 1950er bis 1970er Jahren in westdeutschen Kinderheimen untergebracht waren, aber auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrien. Sie berichteten über unfassbares Leid, über grausame Erziehungsmethoden und entwürdigende Bestrafungen. Sie wurden gequält, geschlagen, tagelang eingesperrt, sexuell missbraucht, mit Medikamenten ruhig gestellt. Sie wurden dann vom Petitionsausschuss eingeladen, ihre Lebensgeschichten zu berichten. Der „Runde Tisch Heimerziehung“ wurde eingerichtet und schließlich 2012 die „Fonds Heimerziehung“. Es war keine Entschädigung, aber zumindest eine Anerkennung und Wahrnehmung. Darauf kam es den Betroffenen an, dass sie endlich gehört werden.

Der Auftrag, weiter zu ermitteln, besteht bis heute. Denn inzwischen ist belegt, dass an Heimkindern Medikamente getestet wurde. Trotzdem macht das Beispiel der Heimkinder Mut. Es zeigt, was mit einer Petition erreicht werden kann, wenn wir die starken Rechte und Instrumente des Ausschusses nutzen.