Teilhabebericht: Noch viel Luft nach oben

[24.03.2017]  Rede
Rede zum Teilhabebericht der Bundesregierung (24.03.2017)

Union und SPD hatten in den letzten drei Jahren als große Koalition die Chance, großes zu tun. Sie haben diese Chance nicht genutzt. Das Teilhabegesetz wird die Situation für einige behinderte Menschen nur kleinteilig verbessern. Das ändert aber nichts daran, dass es in vielen Bereichen noch Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten gibt.

So ist es mit dem gerade verabschiedeten Teilhabegesetz nach wie vor möglich, behinderte Menschen zu einem Leben in einer Wohneinrichtung zu zwingen. Obwohl wir wissen, dass behinderte Menschen, die in Einrichtungen leben, mehr Gewalt erleben als die Durchschnittsbevölkerung.

Auch die Situation behinderter Geflüchteter und Asylsuchender ist hochproblematisch. Der wissenschaftliche Beirat zum Teilhabebericht weist darauf hin, dass sie medizinisch unterversorgt sind und sich deshalb der Gesundheitszustand vieler Betroffener verschlechtert. Leider ist nicht festzustellen, dass sich die Bundesregierung ein Bein ausreißen, damit sich für diese Menschen etwas verbessert. Im Gegenteil: Die Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage meiner Fraktion belegt die Ignoranz gegenüber der zum Teil verzweifelten Situation von Geflüchteten mit Behinderungen.

Wenn die Bundesregierung nun also behauptet, die gesetzlichen Regelungen in Bezug auf asylsuchende und geduldete Menschen mit Behinderungen – insbesondere im Asylbewerberleistungsgesetz – stünden im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention, dann ist das ein bitterer Witz.

Der Teilhabebericht unterstreicht, dass durchaus noch Luft nach oben ist, was die Teilhabemöglichkeiten behinderter Menschen angeht. Von gleichberechtigter Teilhabe und gleichwertigen Lebensbedingungen kann noch nicht die Rede sein. Es ist unsere Aufgabe, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und die Situation behinderter Menschen zu verbessern, gemeinsam mit behinderten Menschen selbst. Deshalb brauchen wir auch mehr Menschen mit Behinderungen im Parlament.