Wenn Menschen mit Behinderungen, die Grundsicherung beziehen, bei ihren Angehörigen leben, müssen diese bei den Wohnkosten bald draufzahlen. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ (RBEG) sieht nämlich eine neue Berechnungsmethode für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Mehrpersonenhaushalten vor.
Nach dem Gesetzentwurf sollen nun nicht mehr die tatsächlich anfallenden angemessenen Wohnkosten pro Person („Kopfteilprinzip“) zugrunde gelegt werden. Stattdessen werden fiktive Kosten auf Grundlage der „grundsicherungsrechtlichen Mietobergrenze“ mittels der „Differenzmethode“ berechnet.
Was das bedeutet, verdeutlicht die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege an einem Beispiel: Eine Person mit Behinderung wohnt gemeinsam mit den Eltern in einer Wohnung, deren Warmmiete 900 Euro beträgt. Nach derzeitiger Rechtslage werden Unterkunftskosten von 300 Euro übernommen, da sie nach dem Kopfteilprinzip aufgeteilt werden und die „grundsicherungsrechtlichen Mietobergrenze“ für eine Person (522,40 Euro) nicht überschritten wird. Nach der geplanten Änderung würden jedoch nur 125 Euro übernommen, also 175 Euro weniger als bisher. Das ergibt sich aus der Differenz zwischen der Mietobergrenze für drei Personen (763,60 Euro) und der Mietobergrenze für zwei Personen (638,60 Euro).
In ihrer Antwort auf meine schriftliche Frage geht die Bundesregierung auf diese Schlechterstellung nicht ein, sondern beschreibt nur den einzigen Vorteil, den der Gesetzentwurf im Bereich der Wohnkosten bringt: Leistungsberechtigte Menschen, die bei Familienangehörigen wohnen, können ihre Mietkosten künftig leichter geltend machen, weil sie keinen Mietvertrag mehr vorgelegen müssen.
Warum die offenbar aus Spargründen neu eingeführte Berechnungsmethode für die Unterkunftskosten Anwendung finden soll, erklärt die Bundesregierung nicht. Die Benachteiligung von Familien, die gemeinsam mit leistungsberechtigten Angehörigen in einem Haushalt leben, können wir nicht tolerieren. Sie widerspricht außerdem dem Grundsatz „ambulant vor stationär“: Familien könnten gezwungen sein, behinderte Angehörige in stationären Einrichtungen unterzubringen, weil deren Mietanteil nicht mehr ausreichend übernommen wird.