Seit 2009 ist er Bischof in Trier und seit 2010 auch Missbrauchsbeauftragter der katholischen Kirche. Doch in all diesen Jahren hat es Stephan Ackermann nicht einmal geschafft, die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier ernsthaft voranzutreiben. Das zeigt wie ernst es der Kirche mit der vielfach angekündigten Aufklärung ist. Auch im Bistum Trier gibt es seit langem schwerwiegende Vorwürfe, u.a. gegen den früheren Trier Bischof Bernhard Stein. Der Vorsitzende der Opferinitiative „Missbrauchsopfer im Bistum Trier“ (MissBiT), Thomas Schnitzler, präsentierte die Erkenntnisse dazu – Ergebnis von mehr als zehn Jahren intensiver Recherchen – Anfang Februar auf meine Einladung hin einer breiten Öffentlichkeit.
Dokumente aus kircheninterne Akten, die der Historiker Schnitzler vorstellte, belegen: Bernhard Stein, 1967 bis 1980 Bischof von Trier, ist in seiner Amtszeit nicht ernsthaft gegen Kleriker vorgegangen, gegen die es gravierende, begründete Missbrauchsvorwürfe gab. Stattdessen hat er die Täter lediglich in andere Gemeinden versetzt und so nicht nur geschützt, sondern auch in Kauf genommen, „dass sie an anderen Orten weitermachen konnten wie bisher“, so Schnitzler. Vor diesem Hintergrund fordert MissBit, den in der Nähe des Trierer Doms gelegenen und erst vor neun Jahren so benannten Bischof-Stein-Platz umzubenennen.
Diese Forderung ist völlig berechtigt ist. Nicht nur, weil Straßen und Plätze nur nach Personen benannt werden sollten, die diese Ehre auch verdienen. Es ist auch für die Opfer eine ständige Verletzung und Demütigung, einen Platz zu überqueren, der sie an ihr Schicksal erinnert.
Bedauerlicherweise haben bislang vor allem die Opfer Missbrauch und Vertuschung aufgedeckt – und weniger das Bistum selber, von dem auch in absehbare Zeit nicht viel zu erwarten ist: Die bistumsinterne Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und auch der Rolle von Bischof Stein soll laut Presseberichten erst in der zweiten Jahreshälfte beginnen. Wann der Abschlussbericht vorgelegt wird, ist noch offen. Bis dahin sei es verfrüht, über eine Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes zu sprechen, so die Position der Trierer Kirchenverantwortlichen.
Auch das ist aus meiner Sicht ein Grund, warum Gesellschaft und Politik den Opfern etwas schuldet. Es ist das Mindeste, ihrer Forderung nach einer Umbenennung des Platzes zügig nachzukommen und sie bei der neuen Namenssuche eng einzubinden. Deshalb habe ich mich gefreut, dass während und nach der Veranstaltung mit Thomas Schnitzler Vertreter*innen verschiedener Parteien erkennen ließen, das Thema Bischof-Stein-Platz angehen zu wollen.
Der Prozess zur Umbenennung kommt nun hoffentlich schnell voran. Eine entsprechende Anfrage hat die Grüne Stadtratsfraktion auf der Sitzung des städtischen Steuerungsausschusses Anfang März gestellt. Die Antwort des Stadtvorstands beunruhigt mich allerdings etwas: Man wolle gerne abwarten, bis die interne Aufarbeitung des Bistums voraussichtlich abgeschlossen ist.
Ich denke nicht, dass man darauf noch warten muss. Die Fakten liegen mit den von Schnitzler präsentierten Dokumenten auf dem Tisch. Das sollte reichen um zumindest als Stadt den Opfern mit Respekt zu begegnen und ihre Forderung ernst zu nehmen, wenn es schon die Kirche nicht tut. Diese hat – statt endlich Konsequenzen zu ziehen – nichts Besseres zu tun, als wenige Tage nach der Veranstaltung gnädig zu verkünden, man werde davon absehen, Thomas Schnitzler wegen Veröffentlichung von vertraulichen Dokumenten zu verklagen.
(Artikel aus „grünRegional“, Ausgabe 1/2020)