Von Vorbildern lernen: Region Trier sollte bei Verkehrspolitik über die Grenze blicken

[11.07.2022]  Artikel
Asphalt, auf dem in weißer Farbe steht: Autos stinken - #Verkehrswende
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Das 9-Euro-Ticket ist in aller Munde und zeigt: Die Gesellschaft ist bereit für eine veränderte Mobilität. Seit Jahren werden Städte mit nachhaltigen und inklusiven (Verkehrs-)Konzepten weltweit meist besonders positiv betrachtet. Mit Luxemburg haben wir ein Beispiel dafür in direkter Nachbarschaft.

„Nicht schon wieder Moselaufstieg“, mag manche*r von euch an dieser Stelle denken. Aber er passt als Anschauungsobjekt einfach so gut. Bei diesem Projekt sieht man eindrücklich, wie die Verkehrspolitik in den letzten Jahrzehnten häufig aussah: Ein Bundestagsabgeordneter (und ja es waren meistens Männer), wünscht sich ein Projekt für seinen Wahlkreis und das wird von Berlin dann umgesetzt. Ungeachtet dessen, ob beispielsweise – wie beim Moselaufstieg – die Landesregierung das Projekt für sinnvoll hält oder es irgendein Problem löst. Häufig zeichnen sich diese Projekte dadurch aus, dass es um sehr viel Beton für sehr viele Autos ging. Viele solche anachronistischen Denkmäler für Abgeordnete wurden bundesweit umgesetzt. Im Falle des Moselaufstiegs, der seit Jahrzehnten diskutiert wird, ist es zum Glück noch nicht zu spät, die Planungen dafür endgültig zu begraben und die Gelder in zukunftsorientierte Mobilitätskonzepte zu investieren. Bedarf dafür gibt es genug in der Region. Trier ist seit Jahren vom Fernverkehr der Bahn abgekoppelt. Die Radwege in der Stadt sind teilweise in erbärmlichem Zustand und im Umland gibt es oft gar keine. Eine ÖPNV-Anbindung des ländlichen Raumes an die Stadt ist vielerorts gar nicht und quasi nirgends in ausreichendem Umfang gegeben. Von einer Vernetzung kleinerer Zentren untereinander ganz zu schweigen.

Eine Veränderung der Mobilität ist von zentraler Bedeutung, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und den Klimawandel noch irgendwie in einem verkraftbaren Rahmen zu halten. Gleichzeitig hat uns Putins Krieg in der Ukraine deutlich vor Augen geführt, wie abhängig wir von fossilen Energien sind – u.a. für Mobilität. Die Frage, ob wir uns ein „Weiter so“ noch leisten können und was das angesichts von Inflation und Preissteigerungen für den sozialen Frieden bedeutet, wird immer drängender. Wir stehen vor einer riesigen sozial-ökologischen Herausforderung. Das kann aber auch eine Chance sein: Es muss endlich massiv in alternative Mobilitätskonzepte und einen finanziell leistbaren ÖPNV investiert werden. Das fängt bei einem umfassenden Sanierungsprogramm für die Schiene an und hört bei Förderprogrammen für mehr Radwege noch lange nicht auf.

Große Metropolen wie Paris und Kopenhagen haben sich längst auf den Weg gemacht. Sie haben erkannt: Um auch in Zukunft Sehnsuchtsorte für viele Menschen zu sein, müssen sie nicht nur ihre Mobilitätskonzepte grundlegend verändern, sondern sich in allen Bereichen des alltäglichen Lebens als inklusive Städte aufstellen. Auch Luxemburg, unser direkter Nachbar, hat mit seinem kostenlosen ÖPNV gezeigt, dass Veränderung möglich ist! Regelmäßige Umfragen und Studien zu den lebenswertesten Städten weltweit zeigen, dass sich dieser Weg auszahlt. Jene Städte, die von stinkenden Blechlawinen dominiert werden, haben weder Fans noch Zukunft.

Als Teil der Bundesregierung müssen wir die Zeit nun nutzen, den Wandel zu beginnen. Volker Wissing als Bundesverkehrsminister ist dafür sicher nicht der natürlichste Verbündete. Aber gerade jetzt ist die Chance so groß wie selten, denn die Gesellschaft will eine neue Mobilität. Lasst sie uns ermöglichen!

(Artikel aus „grünRegional“, Ausgabe 7/2022)