Beim Wahlrecht ist noch nicht das letzte Wort gesprochen: Nachdem Union und SPD vergangene Woche unsere Gesetzentwürfe zur Aufhebung der verfassungswidrigen Wahlrechtsausschlüsse abgelehnt haben, haben wir heute gemeinsam mit Linke und FDP einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt, damit die rund 85.000 Menschen, die unter Vollbetreuung stehen oder schuldunfähig eine Straftat begangen haben, an der Europawahl am 26. Mai teilnehmen können.
Gegenstand des Verfahrens sind Normen des Europawahlgesetzes, die Menschen, die in allen Angelegenheiten unter rechtlicher Betreuung stehen oder schuldunfähig eine Straftat begangen haben, pauschal vom aktiven und passiven Wahlrecht ausschließen. Das Bundesverfassungsgericht hat solche Wahlrechtsausschlüsse im Bundestagswahlgesetz erst kürzlich für verfassungswidrig erklärt. Das Europawahlgesetz, das die gleichen ausschließenden Regelungen enthält, war jedoch nicht Gegenstand dieser Entscheidung.
Eine Studie im Auftrag der Bundesregierung hat 2016 ergeben, dass rund 85.000 Menschen aus diesen Gründen nicht wählen dürfen.
Um endlich die notwendige Änderung am Wahlgesetz auf den Weg zu bringen, hatten wir schon vor Monaten einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Doch die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD haben die Beratung erst über Monate verweigert und dann unseren Gesetzentwurf am 15. März abgelehnt. Stattdessen haben sie einen hastig zusammen gezimmerten Antrag beschlossen, der zwar ankündigt, die Wahlrechtsausschlüsse aufzuheben – allerdings soll das erst nach der Europawahl erfolgen und ist bisher nicht mehr als eine Absichtserklärung. Für die 85.000 Betroffenen ist eine Eilentscheidung des Gerichts die letzte Möglichkeit, an den Europawahlen teilzunehmen zu können.